Montag, 17. Oktober 2011

Die Wahrheit

Die Corridas in Barcelona waren beide unvergesslich. Besonders der Samstag war wohl eine der besten Corridas, die ich je gesehen habe. Was mich sehr gefreut hat, war das durch die phantastischen Faenas stimulierte, eher heitere und überschwängliche Ambiente. Morante, El Juli und Manzanares ließen einen den traurigen Anlass dieser Massenzusammenkunft von Aficionados vergessen.
Die Fakten: am 24. und 25.9. 2011 gingen jeweils 18.500 Aficionados in die Plaza de Toros Monumental, um Corridas de Toros beizuwohnen.
Auf der anderen Straßenseite fanden sich ca. 40-50 "Antis", also Stierkampfgegner. Diese beschimpften die Aficionados mit Rufen wie "Asesinos", "Fascistas" etc. - wie sie das ja schon seit Jahren tun. "Faschisten" finde ich besonders entlarvend, wurden doch gerade im Hitlerdeutschland Kunst und Kultur mit Füßen getreten, verbrannt und verboten. Die wussten auch genau, was "entartet" war und was nicht.
In den (deutschen) Medien wurde es so dargestellt, als hätte es Massenaufläufe von Gegnern und Auschreitungen gegben. 40 versus 18.500!
Die Zeitungen waren wieder voll von Schreibbausteintexten vom Kaliber "Der Torero tötet den schwerverletzten Bullen mit dem Schwert".
Ein besonders schlauer Schreiber spanischer Abstammung bzw. spanischen Namens beginnt einen Absatz mit: "Die Wahrheit ist" und es geht weiter "daß der Stierkampf keinen mehr interessiert, es geht keiner hin". (Der zweite Teil ist kein Zitat, sinngemäß heißt es so ähnlich).
Tja, die "Wahrheit"...damit scheint es nicht besonders weit her zu sein für Herrn Cáceres. Aber ein spanischer Name gibt ja "Credibility", der Mann muß wissen, was es da so schreibt, schließlich ist er womöglich Spanier. Nun weiß Herr Cáceres sicherlich was die "Wahrheit" ist, nur stellt er es seit Jahren so dar, als wären die Plazas de Toros leer und nur ein paar fehlgeleitete Touristen würden sich dorthin verirren. Es wird über die Corrida schon immer in unseren Medien ein derartiger Unsinn geschrieben, daß es mir schon sehr zu denken gibt, wenn ich in der Zeitung die "Wahrheit" über viel brisantere Themen lese!
Ach ja, Herr C. hat sich immerhin den gequirlten Mist gespart, den irgendein Journalist von Speigel Online aus dem Ärmel gewedelt hat:
"Beim traditionellen Auftrieb der Stiere durch den spanischen Ort Pamplona kommen alljährlich Schaulustige ums Leben, die von den rasenden Bullen zu Tode getrampelt werden."
Wow, 4 Fehler in einem Satz! "Alljährlich" (15 Tote seit 1922), "Schaulustige" (sind Menschen, die freiwillig in einer abgesperrten Straße vor Stieren herrennen schaulustig?), Bullen (ohne Kommentar - am Anfang des Satzes hat er´s ja noch hinbekommen), "getrampelt" (die große Mehrheit ist durch einen Hornstoß zu Tode gekommen).
Von jemandem, der solche Sätze schreibt, der einen Stier nicht von einem Bullen unterscheiden kann, möchte ich bitte niemals Artikel zur Bankenkrise, Gentechnik oder Vorratsdatenspeicherung lesen müssen. Aber weiß man´s...?

Seltsam finde ich den Umgang der Medien mit der fürchterlichen Cornada von Juan José Padilla. Die Bilder von Julio Aparicios Cornada im vergangenem Jahr in Madrid gingen um die Welt, schafften es gar hierzulande auf die Titelseite der "B..."Zeitung.
Sie zeigten die Aufnahme, wie das Horn in Aparicios Hals eingedrungen ist, und aus dem Mund wieder austritt. "Una cornada Dantesca" titelte damals das Stierkampfportal Burladero.com
In der Tat, eine infernalische Verletzung. Dieses Bild scheint dem Leser zumutbar gewesen zu sein.
Padillas Cornada wurde hierzulande nur wenig ausgebreitet. Auch die Fotos in den Zeitungen waren aus einem eher "gnädigen" Winkel fotografiert. Ich habe mir das Video in Echtzeit (die Cornada selbst dauert weniger als 1 Sekunde)  etwa 3 mal angeschaut. Die Zeitlupe konnte ich nur einmal ertragen, auch wenn hier der Winkel ebenso milde war, man nur seinen im Sand liegenden Kopf sieht. Allein die Wucht, mit der das Horn in die Schläfe des Toreros eindringt, der minimale Widerstand, den der Kiefer-bzw. Wangenknochen leistet (1/3 Sekunde bevor er komplett zerbricht, vom Horn zerrissen wird), das Auge, daß durch den Druck des Horns aus der Höhle tritt...absolut grauenhaft und traumatisierend.
Interessant aber diese "Philosophie des Zumutbaren" der Medien: das aus dem Mund austretende Horn wurde mit pornographischer Genauigkeit in Fernsehen, Zeitungen und Onlineportalen gezeigt. Alles im Dienste der Information. Gut, die Corrida wurde damals live vom spanischen Pay-TV Sender Canal Plus ausgestrahlt, es handelte sich also um Aufnahmen, die direkt in hunderttausende Wohnzimmer übertragen wurden. Die Corrida aus Zaragoza aber auch.
Wo ist die Grenze des Zumutbaren, wo kann man noch eine voyeuristische Obszönität durchgehen lassen, wo beginnt der reine Ekel? Ist diese Trennlinie die "Moral"? Sicherlich nicht. Dennoch beschäftigt mich dieses Maß der Zumutbarkeit und ich kann es sogar irgendwo nachvollziehen, aber offenbar nicht erklären.
Ebensowenig kann ich erklären, wie sehr mich die Reaktion des Menschen Padilla beschäftigt, der ja so etwas wie einen "Kopfschuss" erlitten hat. Er sprang auf, hielt sich die Hände an den Kopf und lief zur Barrera. So grausam ist das Leben: es ist nicht Hollywood, es ist nicht CNN. Der Schwerverletzte schreit und brüllt und blutet und rennt. Es ist richtig, es in diesem Kontext nicht zu zeigen.
Die Wahrheit ist, daß es falsch und heuchlerisch ist, so etwas aus den Medien zu verbannen, wenn es um Kriege geht.

Samstag, 8. Oktober 2011

Juan José Padilla

Gestern erlitt Juan José Padilla in Zaragoza eine der fürchterlichsten Cornadas in der Geschichte des Stierkampfs.
Die Bilder sind nicht nicht zumutbar, geradezu unerträglich. Ich wünsche diesem sympathischem Haudegen, der mich 2000 in Arles, als ich ihn zum ersten Mal sah absolut begeisterte, die bestmögliche Genesung. Eine vollständige Genesung scheint leider momentan unmöglich.
Padilla war mir stets von all den toreros populistas der mit Abstand Liebste!
Ein rauher Teufelskerl, immer ein forsches Zwinkern, eine ehrliche Haut. Er hat sich seinen Status hart erkämpft. Jahrelang nur Victorinos und Miuras - einige Temporadas lang, empfing er beinahe jeden Stier a porta gayola. Schwere Verletzungen hat er schon viele erlitten, doch am heutigen Tag ist es mehr als fraglich, ob wir den Ciclón de Jeréz jemals wieder im Ruedo sehen werden.

Maestro, que se recupere lo mejor posible!

Donnerstag, 15. September 2011

Morgen geht es los: Urlaub im Baskenland und am 24.9. dann einmal "kurz um die Ecke" nach Barcelona.
In den einschlägigen Foren lese ich immer wieder, wie schwierig es sein an Karten für JT zu kommen, er sei ein Torero der Reichen etc. Blödsinn! Ich habe sein großes Comeback 2007 in Barcelona gesehen, seine 6 Toros en solitario, das Indulto von "Idílico" etc. und habe stets meine Eintrittskarten regulär im Internet erworben. Zum normalen Taquillapreis versteht sich. Man muß dann eben um 11.00 pünktlich auf der richtigen Website sein.
Ich wünschte, spanische Aficionados oder periodistas taurinos könnten meine Vorbereitungen sehen:
Wochen vorher im Büro am Rechner, es ist 10:58, eine Kollegin sitzt ebenfalls in den Startlöchern, um mir zu helfen an die Entradas zu kommen.
Wildes Klicken, Kreditkartennummern eintippen. Geschafft!

Vor der Abreise die Garderobe packen. In einer großen Plaza fühle ich mich nur in Hemd und Jackett (mindestens!) wohl. Es ist kein Snobismus, ich genieße es die anderen herausgeputzten Menschen zu sehen. Es gibt ganz großartige, unfassbar exzentrische Auftritte. Unvergesslich dieses Jahr im Juni vor Las Ventas ein Mann in bordeauxrotem Samtanzug, orange-karriertes Einstecktuch, fast durchsichtige cremefarbene Strümpfe und dazu helle Slipper mit Silberschnalle. Grandios. Eine Freude...
So empfinde ich mein bescheidenes Ensemble als angenehm und man gehört halt doch irgenwie dazu.
Ach ja, die 2 weissen Stofftaschentücher müssen noch gebügelt werden.
Zug, U-Bahn, Taxi zum Flughafen, dann zum Hotel, schnell umziehen, gleich beginnt die Corrida.

Eines der tollsten Erlebnisse hatte ich 2001. Ich war noch Student und war in den Semesterferien bei meinen Eltern. Flugafen Stuttgart ca. 100km entfernt. Ich flog nach Jerez und wurde dort von einem Studentenfreund mit dem Leihwagen nach Sevilla gebracht. Feria de Abril, alles sehr knapp kalkuliert.
Und so zog ich mich im Haus meiner Eltern auf der schwäbischen Alb zur Corrida (Ortega Cano, José Tomás, Morante de la Puebla) an, die in ca. 6 Stunden anfing! Ein phantastisches Gefühl...
Meine große Reisetasche konnte ich bei einer alten Zigeunerin die in der Maestranza einen Süßigkeitenstand hat, unterstellen. Vorab 500 Peseten Trinkgeld, mit dem Versprechen bei Abholung nochmal nachzulegen.
Auch diesmal wird es evtl. knapp. Früh morgens im Baskenland los und 500km nach Barcelona. Ich bin jetzt schon ganz aufgeregt...

Dienstag, 13. September 2011

Abhängen

Die Stunde, bevor die Corrida beginnt ist die allerschönste. In diesen Minuten ist alles möglich. Das Cartel ist bekannt, die Erwartungen hoch (oder auch nicht), die Eintrittskarte im Geldbeutel und es verbleiben noch ca. 60 Minuten, bevor es losgeht.
"Abhängen" ist angesagt. Vor der Plaza wird es immer voller, mehr und mehr Menschen strömen zum Ort des Geschehens. Es duftet nach Parfum und Zigarrenrauch. Schwarzhändler versuchen ihre Tickets loszuwerden. Marktgeschrei der Zigarren-, Nüsse- und Getränkehändler. Ich genieße dieses Spektakel und kann jedem nur empfehlen, sich 1 Stunde vor Beginn einer Corrida vor der Plaza de Toros einzufinden - auch wenn man dem Stierkampf nicht wohlgesonnen sein sollte.
Das Ambiente ist überall ähnlich, dennoch hat die Umgebung jeder Plaza ihren eigenen Charme. Ich liebe den Platz um die Malagueta, den vielbefahrenen Paseo de Reding, den Schatten unter den Bäumen und die wunderbare Bar Flor, die zur Feria im August aus allen Nähten platzt. Camareros brüllen die Bestellungen hinter die Theke, die Kaffeemaschine droht zu explodieren, Eiswürfell fallen in Gin Tonics, die Schlange vor der Toilette nimmt kein Ende. Wie oft stand ich dort, in illusterster Runde mit Neville, Lenny, Pieter, Lars und vielen anderen nichtspanischen Aficionados, die sich unverabredet selstverständlich jedes Jahr dort treffen.
In Sevilla brennt die Sonne hart auf den Paseo de Colón, die Qualiät der Anzüge, Kostüme, Mantillas und des Parfums ist unerreichbar!
Vor Las Ventas in Madrid finde ich den Platz zu groß, man kann nicht einfach mal um die Arena laufen, das dauert schon mal 15 Minuten. Vor dem Denkmal für El Yiyo treffen sich die meisten Aficionados. Und man trifft sich immer, egal wie voll es ist.
Ähnlich ist es in Nimes - ein gigantischer Platz, Chaos und Gewusel.
Mein liebster "Abhängeplatz" ist der Paseo de la Marina in Barcelona. Abschüssig zum Meer, läuft man an der Monumental vorbei. Oben 2 Bars, beide seit Jahren fest in chinesischer Hand. Die Betreiber haben natürlich überhaupt keinen blassen Schimmer von den Toros. Doch ich bin mir sicher, daß sie irgenwo im Hinterzimmer einen mit Duftstäbchen gespickten Schrein mit einem goldgewandeten Gott anbeten. Er heißt José Tomás! Bei jedem seiner Auftritte machen sie das Jahesgeschäft. Kein Mensch trinkt sein Bier in diesen Bars, außer JT steht auf dem Programm. Der Service ist ausgezeichnet, das muß man den Chinos lassen. Das Estella kommt in Sekunden über die Theke. Ich trinke vor der Corrida nie ein Bier, rauche nur hektisch 5-10 Kippen und genieße das Ambiente. Man kann sich auf diesen 200 Metern zwischen den Chinobars und der Puerta Grande nicht verpassen. Es gibt für mich keine schönere Stunde, als die vor der Monumental. Ich werde sie am 24.9. ganz besonders genießen (si el tiempo no lo impide!). Am Samstag ist noch alles "normal". Eine Corrida in der Monumental.
Am Sonntag...ich weiß es nicht...wie soll man damit umgehen, wenn einem von der Politik sein liebster Platz und Moment entrissen wird?
Ich weiß es noch ganz genau: August 1982 (ich bin 6 Jahre alt), das Taxi hält vor der Monumental und ich steige mit meinem Vater aus. Mittenrein in´s Gewimmel. Auf dem Cartel Toros de Atanasio Fernández für die Matadores "Paquirri" (que en paz descanse), Ruíz Miguel, Luís Francisco Esplá. Los tres Pacos. Seitdem habe ich 180 Corridas gesehen, mein Vater ist 1989 verstorben und am 25.9.2011 werde ich zum letzten mal die Monumental betreten. 2 Taschentücher nehme ich mit: 1 Für die Orejas, 1 für meine Tränen.
Te amo Monumental!

Donnerstag, 25. August 2011

25.9.2011

Am 25.9.2011 findet die letzte Corrida de Toros in der Plaza de Toros Monumental von Barcelona statt.
Über die Gründe, die hierzu geführt haben, werde ich mich bei Gelegenheit noch auslassen.

Juan Mora (der sich diese Positionierung letzten Oktober mit 3 Orejas in Las Ventas wahrlich "erkämpft" hat), José Tomás (JT) und Serafín Marín (einziger katalanischer Matador), werden die letzten Matadores sein, die in der Monumetal auftreten.

Eintrittskarten gibt es laut Gerüchten ab kommenden Montag. Die werden sicher innerhalb von Minuten ausverkauft sein. Man muß davon ausgehen, daß ca. die Hälfte der 21.000 Sitzpläze in dunklen Kanälen verschwinden wird. Momentan deutet einiges darauf hin, daß solch ein "dunkler Kanal" direkt nach Nürnberg/St.Johannis, also San Juan führen wird.
Wie dem auch sei, ich werde auf jeden Fall am Montag morgen versuchen, online Tickets zu bekommen.

Ich freue mich sehr auf die beiden Corridas (am Samstag: Morante, El Juli und Manzanares - besser geht´s nicht!), gleichzeitig graut es mir schon davor.
Was wird das für ein Gefühl sein am 25.9 um ca. 21.20? Die letzte Corrida in Barcelona ist zuende. Normalerweise verlassen viele Zuschauer die Plaza sehr zügig. Manche, ich nenne sie "incultos", die "Ungehobelten" schon während des letzten Stieres, wenn die Faena keine Höhenflüge verspricht.
Ich vergleiche hingegen diejenigen, die auf ihrem Platz verharren, bis der letzte Matador samt Cuadrilla den Ruedo verlassen hat, mit den Menschen, die sich bei jeden Film den kompletten Abspann anschauen.
Ich bin irgendwo in der Mitte. Je nach Corrida, gehe ich gleich nach dem Tod des letzten Stiers, oder ich beklatsche noch den besten Matador des Nachmittags bei seinem Abgang.

Wie verlässt man aber eine Plaza der Toros, die man wie kaum eine andere liebt, wenn man weiß, daß man nie wieder dorthin zurückkehren kann? Wann ist der Moment gekommen? Ich weiß jetzt schon, daß ich am 25.9. weinen werde. Ich denke, daß ich, wie viele andere auch, in den Ruedo gehe und etws Sand zur Erinnerung mitnehme.
In der Plaza de Toros Monumental sah ich (als 7-jähriger ) meine erste spanische Corrida de Toros.
August 1982, Toros de Atanasio Fernández für "Paquirri", Ruiz Miguel und Luis Francisco Esplá.


Sonntag, 21. August 2011

I want more!

Vor zwei Monaten lernte ich in Madrid einen jungen deutschen Studenten kennen, der seit Frühling 2011 regelmäßig in "Las Ventas", der madrider Arena, Corridas besuchte. In einer Mail schrieb er mir kürzlich, daß wenn er heute, zurück in Frankfurt, an eine Corrida denkt, immer einen perfekten Auftritt seines Lieblingsmatadors vor sich sieht. Und das obwohl, von den etwa 30 Corridas (!), die er dieses Jahr gesehen hatte nur ca. 3 glanzvolle Nachmittage dabei waren.
Das ist das Verhängnis. Eine perfekte Faena lässt einen sofort die 20 Vorhergehenden vergessen.
Mir geht es genauso. Selbst wenn ich in die Zukunft schauen könnte, wenn ich wüsste, daß eine Corrida, eine ganze Feria ohne Triumph, ohne Glanz, schlicht, eine völliges Desaster sein würde: Ich will dort sein.
Ich will hin. Niemals habe ich es bereut, "dort" gewesen zu sein.
Eine Corrida mit drittrangigen Matadores in einem Dorf, eine Novillada sin Picadores? Ich will hin.
I want more!

Samstag, 20. August 2011

Albufeira

Albufeira ist ein Touristenort an der Algarve. Im September 1979 sah ich hier, mit knapp 4 Jahren meine erste Corrida de Toros (auf portugiesisch "Tourada" oder "Corrida de Toiros"). Es war eine reine Touristenveranstaltung. Mein Vater hielt es offenbar für eine gute Idee, mich damals zu der um 22.00 Uhr beginnenden Corrida Nocturna mitzunehmen.
Pick-up am Hotel "Balaia" im Touristenbus und dann zur Plaza. Es handelte sich um eine Plaza portátil - also eine nicht fest installierte Arena - etwa so wie ein Zirkus. Für die Sommersaison aufgebaut.
Von Beginn an war alles aufregend. So spät und ich durfte wach bleiben! Neben der Plaza de toros befand sich eine Disko namens "Ruina". Wir standen auf dem Parkplatz und es schallte ohrenbetäubende Musik herüber, die mir Angst machte. Ein rhythmisches Donnern. Heute bin ich sicher, daß es sich um Queen: "We will rock you" handelte.
Die Arena war von Flutlicht hell erleuchtet und randvoll. Ich schätze, sie verfügte über ca. 15 Sitzreihen.
Was dann folgte, hat für alle Zeiten (meines Daseins) mein Leben verändert:
Flutlicht, Pferde, glitzernde Anzüge, wilde Stiere, Applaus und Musik. (Wenn ich mich recht erinnere, kam diese sogar vom Band...?).
Was gebe ich dafür, diese Corrida noch einmal sehen zu können!
Dieser sicherlich eher armselige Abklatsch für sonnenverbrannte, teils angetrunkene Touristen, machte mich an jenem Abend zum Aficionado.
Ich habe ganze Blöcke mit Stierkampfbildern vollgezeichnet, bekam von meinem Vater im Alter von 5 Jahren eine Doppel-LP der Oper "Carmen" geschenkt, die bei uns zuhause rauf- und runterlief, nur weil ich wusste, daß das alles irgendwie mit Stierkampf zu tun hat. Ich liebte in diesem Alter Picassos "Tauromaquia". Als hätten sie es meine Eltern geahnt, hing bei uns im Wohnzimmer seit 1971 ein Tuschebild mit Picador und Stier aus dieser Serie.
Seitdem habe ich etwa 170 Corridas - ich zähle hierbei Novilladas und einige wenige Rejoneos mit - gesehen und ich habe noch lange nicht genug. I want more!
Vor ca. 12 Jahren lernte ich in Málaga, den londoner Taxifahrer Lenny Friedman, einen der besten Aficionados, die ich je getroffen habe kennen. Lenny war damals Anfang 60 und verbringt seit 40 Jahren mindestens 3 Monate in Spanien bei den Corridas. Ich fragte ihn, ob er im Herbst nicht auch irgendwie erleichtert sei, daß der Marathon ein Ende hat. Er erwiederte verständnislos: "No, I can´t wait for the next season!"
Mir geht es ganz ähnlich. Alllerdings schläft meine Afición im Winter etwas ein. Ich verfolge das Geschehen in Lateinamerika mit, denke aber, daß ich auch problemlos "ohne" auskommen kann. Doch sobald das Stierkampfjahr losgeht, die ersten Cartels von Castellón, Valencia und Sevilla stehen, packt es mich und ich kann es kaum erwarten.



CORRIDA!

Das hat ja gerade noch gefehlt: ein Stierkampf-Blog in deutscher Sprache!
Bald geht es hier los und zur Sache. Der Blog soll vor allem mir selbst dienen...! Denn mit solch einem Hobby hier in Deutschland, kann man sich nicht so einfach mit Geichgesinnten austauschen. So beginnt hier also ein ganz subjektiver Monolog - über meine eigene Afición, wie sie entstand und wie ich sie pflege. Meine Betrachtungen des aktuellen Geschehens usw.
Natürlich ist jeder herzlich eingeladen, in einen Dialog zu treten - Jeder? Na das werden wir ja noch sehen.

Bis bald.
Adrian Neville