Donnerstag, 15. September 2011

Morgen geht es los: Urlaub im Baskenland und am 24.9. dann einmal "kurz um die Ecke" nach Barcelona.
In den einschlägigen Foren lese ich immer wieder, wie schwierig es sein an Karten für JT zu kommen, er sei ein Torero der Reichen etc. Blödsinn! Ich habe sein großes Comeback 2007 in Barcelona gesehen, seine 6 Toros en solitario, das Indulto von "Idílico" etc. und habe stets meine Eintrittskarten regulär im Internet erworben. Zum normalen Taquillapreis versteht sich. Man muß dann eben um 11.00 pünktlich auf der richtigen Website sein.
Ich wünschte, spanische Aficionados oder periodistas taurinos könnten meine Vorbereitungen sehen:
Wochen vorher im Büro am Rechner, es ist 10:58, eine Kollegin sitzt ebenfalls in den Startlöchern, um mir zu helfen an die Entradas zu kommen.
Wildes Klicken, Kreditkartennummern eintippen. Geschafft!

Vor der Abreise die Garderobe packen. In einer großen Plaza fühle ich mich nur in Hemd und Jackett (mindestens!) wohl. Es ist kein Snobismus, ich genieße es die anderen herausgeputzten Menschen zu sehen. Es gibt ganz großartige, unfassbar exzentrische Auftritte. Unvergesslich dieses Jahr im Juni vor Las Ventas ein Mann in bordeauxrotem Samtanzug, orange-karriertes Einstecktuch, fast durchsichtige cremefarbene Strümpfe und dazu helle Slipper mit Silberschnalle. Grandios. Eine Freude...
So empfinde ich mein bescheidenes Ensemble als angenehm und man gehört halt doch irgenwie dazu.
Ach ja, die 2 weissen Stofftaschentücher müssen noch gebügelt werden.
Zug, U-Bahn, Taxi zum Flughafen, dann zum Hotel, schnell umziehen, gleich beginnt die Corrida.

Eines der tollsten Erlebnisse hatte ich 2001. Ich war noch Student und war in den Semesterferien bei meinen Eltern. Flugafen Stuttgart ca. 100km entfernt. Ich flog nach Jerez und wurde dort von einem Studentenfreund mit dem Leihwagen nach Sevilla gebracht. Feria de Abril, alles sehr knapp kalkuliert.
Und so zog ich mich im Haus meiner Eltern auf der schwäbischen Alb zur Corrida (Ortega Cano, José Tomás, Morante de la Puebla) an, die in ca. 6 Stunden anfing! Ein phantastisches Gefühl...
Meine große Reisetasche konnte ich bei einer alten Zigeunerin die in der Maestranza einen Süßigkeitenstand hat, unterstellen. Vorab 500 Peseten Trinkgeld, mit dem Versprechen bei Abholung nochmal nachzulegen.
Auch diesmal wird es evtl. knapp. Früh morgens im Baskenland los und 500km nach Barcelona. Ich bin jetzt schon ganz aufgeregt...

Dienstag, 13. September 2011

Abhängen

Die Stunde, bevor die Corrida beginnt ist die allerschönste. In diesen Minuten ist alles möglich. Das Cartel ist bekannt, die Erwartungen hoch (oder auch nicht), die Eintrittskarte im Geldbeutel und es verbleiben noch ca. 60 Minuten, bevor es losgeht.
"Abhängen" ist angesagt. Vor der Plaza wird es immer voller, mehr und mehr Menschen strömen zum Ort des Geschehens. Es duftet nach Parfum und Zigarrenrauch. Schwarzhändler versuchen ihre Tickets loszuwerden. Marktgeschrei der Zigarren-, Nüsse- und Getränkehändler. Ich genieße dieses Spektakel und kann jedem nur empfehlen, sich 1 Stunde vor Beginn einer Corrida vor der Plaza de Toros einzufinden - auch wenn man dem Stierkampf nicht wohlgesonnen sein sollte.
Das Ambiente ist überall ähnlich, dennoch hat die Umgebung jeder Plaza ihren eigenen Charme. Ich liebe den Platz um die Malagueta, den vielbefahrenen Paseo de Reding, den Schatten unter den Bäumen und die wunderbare Bar Flor, die zur Feria im August aus allen Nähten platzt. Camareros brüllen die Bestellungen hinter die Theke, die Kaffeemaschine droht zu explodieren, Eiswürfell fallen in Gin Tonics, die Schlange vor der Toilette nimmt kein Ende. Wie oft stand ich dort, in illusterster Runde mit Neville, Lenny, Pieter, Lars und vielen anderen nichtspanischen Aficionados, die sich unverabredet selstverständlich jedes Jahr dort treffen.
In Sevilla brennt die Sonne hart auf den Paseo de Colón, die Qualiät der Anzüge, Kostüme, Mantillas und des Parfums ist unerreichbar!
Vor Las Ventas in Madrid finde ich den Platz zu groß, man kann nicht einfach mal um die Arena laufen, das dauert schon mal 15 Minuten. Vor dem Denkmal für El Yiyo treffen sich die meisten Aficionados. Und man trifft sich immer, egal wie voll es ist.
Ähnlich ist es in Nimes - ein gigantischer Platz, Chaos und Gewusel.
Mein liebster "Abhängeplatz" ist der Paseo de la Marina in Barcelona. Abschüssig zum Meer, läuft man an der Monumental vorbei. Oben 2 Bars, beide seit Jahren fest in chinesischer Hand. Die Betreiber haben natürlich überhaupt keinen blassen Schimmer von den Toros. Doch ich bin mir sicher, daß sie irgenwo im Hinterzimmer einen mit Duftstäbchen gespickten Schrein mit einem goldgewandeten Gott anbeten. Er heißt José Tomás! Bei jedem seiner Auftritte machen sie das Jahesgeschäft. Kein Mensch trinkt sein Bier in diesen Bars, außer JT steht auf dem Programm. Der Service ist ausgezeichnet, das muß man den Chinos lassen. Das Estella kommt in Sekunden über die Theke. Ich trinke vor der Corrida nie ein Bier, rauche nur hektisch 5-10 Kippen und genieße das Ambiente. Man kann sich auf diesen 200 Metern zwischen den Chinobars und der Puerta Grande nicht verpassen. Es gibt für mich keine schönere Stunde, als die vor der Monumental. Ich werde sie am 24.9. ganz besonders genießen (si el tiempo no lo impide!). Am Samstag ist noch alles "normal". Eine Corrida in der Monumental.
Am Sonntag...ich weiß es nicht...wie soll man damit umgehen, wenn einem von der Politik sein liebster Platz und Moment entrissen wird?
Ich weiß es noch ganz genau: August 1982 (ich bin 6 Jahre alt), das Taxi hält vor der Monumental und ich steige mit meinem Vater aus. Mittenrein in´s Gewimmel. Auf dem Cartel Toros de Atanasio Fernández für die Matadores "Paquirri" (que en paz descanse), Ruíz Miguel, Luís Francisco Esplá. Los tres Pacos. Seitdem habe ich 180 Corridas gesehen, mein Vater ist 1989 verstorben und am 25.9.2011 werde ich zum letzten mal die Monumental betreten. 2 Taschentücher nehme ich mit: 1 Für die Orejas, 1 für meine Tränen.
Te amo Monumental!