Sonntag, 10. Juli 2016

Un toro mata a Víctor Barrio

Nun ist es also passiert: seit 1985 ist erstmals wieder ein Matador in einer spanischen Plaza de Toros von einem Stier getötet worden!
Die Feria de Teruel ist klein aber fein  und in den letzten Jahren habe ich die Cartels immer wieder mit Interesse verfolgt. Auch gestern Abend warf ich um kurz vor 19:00 einen Blick auf aplausos.es und sah die interessante Corrida, die gleich losgehen sollte: Toros de Los Manos y Ana Romero für Curro Díaz, Morenito de Aranda und Víctor Barrio.
Ich war zum Essen verabredet und verließ das Haus - war besonders gespannt, wie viele Zuschauer dieses Cartel anlocken würde. Keine Figuras, aber sehr gute Toreros.
Als ich 2 Stunden später nach Hause kam und in´s Internet schaute, war ich wie vom Donner gerührt:
"Un toro mata a Víctor Barrio"
Diese Schlagzeile war und ist für mich bis jetzt komplett surreal! Es ist tatsächlich passiert - nach 31 Jahren.
Ich erinnere mich noch, als ich als kleiner Junge mit meinen Eltern von Conil de la Frontera, unserer Lieblingsdestination am 31.8.1985 mit dem Mietwagen einen Ausflug nach Sevilla machte. Wir liefen durch die Calle Sierpes und mir fielen im Vorbeilaufen die Schlagzeilen in den Kiosken auf: "Un toro mata al Yiyo"! Am Vorabend hatte der Toro "Burlero" aus der Zucht von Marcos Núnez den 21-jährigen José Cubero "El Yiyo" in der Plaza von Colmenar Viejo getötet. Die ABC vom jenem Tag habe ich noch.
Ich kannte El Yiyo aus den Aplausos, die mir mein Vater jeden Sommer im Urlaub kaufte und war sehr betroffen. Am Abend traf sich das ganze Hotel in der Lobby, um in den Nachrichten die Amateuraufnahmen der Cornada zu sehen. Kellner, Deutsche und Spanische Hotelgäste, der Hotelchef, alle waren schockiert...
Seitdem frage ich mich vor jeder Temporada zumindest kurz: wird es dieses Jahr ein tödliches Opfer geben..?
Jedes Jahr gibt es schwere Verletzungen, 1992 wurden gleich 2 Banderilleros getötet. Man erinnert sich mit Grauen an Aparicios entsetzliche Cornada und an die Fürchterliche von Padílla. Erst vor wenigen Tagen wurde Manuel Escribano beinahe von einem Stier getötet. El Pana starb vor einem Monat in Mexiko an den Folgen einer Cogida.
Die Cornada von Víctor Barrio gestern, war der von El Yiyo sehr ähnlich und absolut tödlich. Kein Arzt der Welt kann einen retten. Víctor Barrio starb im Sand von Teruel. Man sieht es auf den schlimmen Aufnahmen und die Banderilleros, die ihn hochhoben, um ihn in die Enfermería zu bringen sagten, daß sie gleich merkten, daß er tot war. Der Matador lag im Sand und der Stier bohrte das Horn seitlich durch den Brustkorb, direkt in´s Herz. Ähnlich, wie auch die brachiale Cornada von Manolo Montoliú 1992 in Sevilla: eine absolut tödliche Verletzung.
Letztlich ist Víctor Barrio der erste tote Matador unserer "modernen Zeit" der Smartphones, des Internet und Twitter. Die Corrida kam live im Fernsehen und die Nachricht ging in Sekunden um die Welt. Toreros, wie Juli, Perera und Roca Rey, die gestern gemeinsam auftraten, machten keine salida en hombros, aus Respekt vor dem toten Kollegen. Gestern Abend sah ich bereits die tödliche Cornada im Netz... Ich habe schlecht geschlafen und bin immer wieder wach geworden, mit dem Satz, der mich seit meiner Kindheit begleitet: "Un toro mata a..." Víctor Barrio. Ist es wahr? Ist das gestern wirklich passiert? Ja, es ist wahr.
Ich habe ihn zweimal in Madrid gesehen: Einmal als Novillero und einmal als Matador. Seine Frau, sein Vater und viele Anhänger waren gestern in Teruel, um ihren Matador bei einem seiner wenigen Auftritte (der Dritte der Saison) zu unterstützen.
Víctor Barrio que descanse en paz... Mi más sendtido pésame a su familia y a sus queridos!



(Eine Fußnote, die eigentlich keine sein möchte bzw. schon gar nicht ein eigener Eintrag:
Der gestrige Tod von Víctor Barrio hat auf sämtlichen Internetkanälen (FB, YouTube, Twitter etc.) wieder einmal das Übelste, Ekelerregendste und Schockierendste der Menschheit herausgekehrt: unzählige Schmähungen, Beifallsbekundungen und Unaussprechliches, nicht wiederholbares - das gebietet der Anstand. Diese Individuen, die sich "Tierschützer" nennen haben den selben Duktus, wie die schlimmsten Nazischergen: Du bist anders, als ich - ich hasse dich und will dich tot sehen. Ich will dich und deine ganze Familie vernichten, weil ich hasse, was du tust. Hier manifestiert sich auf´s Übelste, welch Geistes Kind diese faschistoiden Fanatiker sind. Es ist widerlich und schändlich und entlarvt immerhin diese Personen, als das, was sie sind: menschenverachtende, totalitäre Faschisten, die keine Sekunde zögern würden, jemanden der "ihrer Sache" im Weg ist, zu töten).

Dienstag, 17. Mai 2016

Und wieder Madrid

Nach einem halben Jahr Pause, ging es letzte Woche wieder in mein geliebtes Madrid diesmal zur Feria de San Isidro vom 9. - 14. Mai.
Letztes Jahr hatte ich mir diesem Lebenstraum erstmals erfüllt und sah einige eher durchwachsene Corridas.
Am Montag ging es bei schönstem Sonnenschein und Frühlingswetter vom Flughafen München los. Drei Stunden später saß ich im Taxi von Barajas in´s Zentrum und die Scheibenwischer liefen auf höchster Stufe! Tiefhängende Wolken, 10°C und prasselnder Regen, die Puerta del Sol mit riesigen Wasserlachen... Der Wetterbericht hatte zwar vor so etwas gewarnt, aber ich hatte es nicht so ganz ernst genommen.
Nun gut, Mittagessen in der La Taurina - am ersten Tag und mit etwas Zeitdruck immer eine sichere Sache. Der Regen ließ nach und so konnte die Novillada stattfinden. Kurioserweise war diese Novillada ein Hauptgrund für mich diesen Termin für die Reise zu wählen :Álvaro Lorenzo, Ginés Marín und "Varea" präsentierten sich in LasVentas gerade mal eine Woche vor ihrer jeweiligen Alternativa in Les Arénes de Nimes. Stiere von El Parralejo, einer sehr interessanten Zucht, die in den letzten Jahren ein ziemlicher Garant für Erfolg waren.
Natürlich kam es alles ganz anders, ein fürchterlich invalides Encierro! Eine Vuelta für Lorenzo. Ein sehr blasser und grüner Marín. "Varea" war absolut motiviert, erwischte aber einen miserablen Stier, beim nächsten dann die Porta Gayola aber der Toros wurde ausgewechselt. Der Sobrero verlor bald jegliche Kraft und der arme "Varea" ging als unbeschriebenes Blatt von dannen. Ich hätte gerne mehr von ihm gesehen.
Der Dienstag fiel leider buchstäblich in´s Wasser, die Corrida wurde um 19.10 abgesagt. Hier ein riesiges Kompliment an die Taquílla von Las Ventas: tausende Zuschauer bildeten eine Schlange, um ihre Entradas zurückzugeben. Wartezeit lediglich ca. 20 Minuten. Das Bargeld wurde im Sekundentakt dem werten Publikum zurückerstattet.
Etwas frustriert ging es zurück in´s Zentrum und als kleine Entschädigung gab es einen phantastischen Rabo de Toro, geschmorten Ochsenschwanz im wunderbaren Restaurant "Los Madroños", etwa 200m von der Plaza Mayor und ca. 100m vom berühmten "Botín" entfernt.

Am nächsten Tag dann eine interessante Corrida mit Escribano, der in Sevilla einen "Victorino" begnadigt hat. In Madrid leider ohne Glück. Einem ganz schwachen Fandiño und einem grandiosen Paco Ureña! Seit Oktober, einer meiner Lieblingsmatadore. Ein absolut sympathischer und schüchterner Kerl mit einem weichen Herz. Das Ohr des ersten Stiers war schon seines, doch dann gab es natürlich einen Pinchazo. Im zweiten Stier, im strömenden Regen eine atemberaubende Faena. So viel Emotion für den Zuschauer, so viel Präzision und Gefühl beim Matador. Oreja de Ley!
Fandiño wird leider zum tragischen Fall. Vom Glanz der letzten Temporadas ist nicht mehr viel übrig.
Am nächsten Tag gab es für mich eine Premiere: ein Matador versetzte mich in ungekannte Rage! Ich habe El Capea nie besonders gemocht. Ohne jegliche Persönlichkeit, absolut mittelmäßig, doch dank seines Vaters El Niño de la Capea, einer der Besten der 70er und 80er, immer gut protegiert.
In seinem ersten, sehr unangenehmen und gefährlichen Stier war er überfordert. Ein linkisches Macheteo (hier zeigt sich die Qualität eines Morante, der dies, auch unter Pfiffen sehr elegant und mit Solera meistert), ein paar Pinchazos y Pitos.
Ok, das kann passieren... Doch was dann folgte, war für mich der Gipfel. Ein ganz junger Gonzalo Caballero in seiner ersten Corrida des Jahres, ohne weitere Kontrakte erlitt eine schwere Cornada in den linken Oberschenkel. Er zitierte den Toro mutig de frente, der griff an und bohrte das Horn absolut präzise in das Bein des Matadors. Blut strömte aus der Wunde, die Banderilleros wollten Gonzalo raustragen, doch der wehrte sich nach Kräften. Torniquete (also die Wunde mit der Krawatte abgebunden) des Banderilleros, Morenito de Aranda immer in seiner Nähe redete auf ihn ein. Als er den Kampf fortsetzte, war Morenito mit der Capa im Ruedo, zusammen mit seinen Banderilleros.
Und wer nicht? El Capea, eigentlich als Älterster der Director de lidia, stand im Burladero, ohne Capote und redete mit seiner Cuadrilla. Eine absolute Unverschämtheit. Teilnahms- und emotionslos.
Ich saß in der zweiten Reihe, etwa 2 Meter von ihm entfernt und rief, ohne lange nachzudenken:
"Capea, el director de lidia sin capote en sus manos, mientras está toreando un chaval herido. Que malo compañero eres!!!" Er hörte das sehr genau. Aus dem Tendido folgten weitere Rufe.
Gonzalo Caballero tötete den Stier und ging in die Enfermería. Capea musste nun den letzten Stier der Corrida töten und da folgte nun das komplette Desaster. Übermannt von seiner Angst und Unfähigkeit, brachte er keinerlei Faena zustande. Eine Media Estocada ohne Effekt, Aviso und Capea macht gar nichts. Keine Anstalten eine neue Estocada zu versuchen, oder den Degen herauszuziehen. Dies tat dann ein Baderillero mit der Hand aus einem Burladero. Jose Antonio del Moral, den ich über alles schätze, schieb, daß er so etwas noch nie gesehen habe. Escandaloso! Beim Verlassen der Plaza eine monumentale Bronca, auch ich warf mein Sitzkissen, zeigte wild gestikulierend Richtung Ausgang und brüllte: "No vuelvas más! No vuelvas mááás!!" Puh, keine Ahnung, was da in mich gefahren war. Es musste wohl einfach mal raus...
Vor lauter Ärger vergesse ich beinahe die hervorragende Faena von Morenito zu erwähnen. Wirklich hervorragend, obwohl der Stier mehr hergegeben hätte! Da muss man schon beide Ohren bekommen. Immerhin eine weitere Oreja de Ley.
Der Freitag dann endlich mit Sonnenschein und "No hay billetes". Tendido alto im 5 (Sol), ein ordentlicher Platz mit einem sehr netten Sitznachbarn. (Die Tage davor hatte ich mir Barreras im 6 und 2a Barrera gegönnt). Das Tendido Alto bei einem soliden Reventador für 50€, anstatt 19€ gekauft. Kann man schon mal machen. Roca Reys Confirmación, Padrino Sebastián Castella und Testigo Alejandro Talavante. Castella ist schon klasse und hat viel echten Torero Stil. Roca Rey machte er erst einmal mit einem großartigen Quite in seinem Confirmationstier nass. Ein guter Padrino, der dem Jungen aber ganz klar sagt: das hier ist mein Revier und wir sind ab jetzt Konkurrenten.
Roca Rey begann die Faena á la Castella mit mehreren Pases cambiados, mitten im Ruedo. Das Publikum war sehr kühl und das "7" aggressiv. Nada.
Castella wieder klasse, begann seine Faena eben nicht mit dem Cambiado, wie es jeder erwartet hätte, sondern im Tercio mit 6 tollen Pases estatuarios. Das hat einfach Stil! Er wird nie mein Torero sein, aber ich mag seine Vergüenza Torera und seinen Ethos.
Dann passierte bis zum vierten Stier nicht viel und ich befürchtete schon die vielzitierte Tarde de expectación, tarde de decepción. Doch dann kam ein riesiger, hoher, heller Núñez del Cuvíllo Stier, mit sehr langen Beinen - Talavantes zweiter. Der erwischte den armen Juan José Trujillo zweimal, ohne ihn zu verletzen. Eine furchtbare embestida descompuesta y brusca. Den Kopf immer hin- und herwackelnd, keine gerade Linie. So ging das bestimmt 5 Minuten, nadie daba un duro...
Dann ein halbwegs gelungener Natural aus dem Nichts. Noch einer, noch ein Besserer. Und ja, das ist Madrid: plötzlich ein ohrenbetäubendes Óle!!! Und noch eine Serie, und noch eine. Borrachera de alegría. Die waren nicht perfekt, die Naturales, wie sollten sie auch? Aber Talavante hatte jeden einzelnen dem Stier abgerungen und seinen Angriff korrigiert. Fulminante Estocada, die mich an JTs Letzte in Barcelona 2011 erinnerte. Bam! Und der Stier bricht nach 10 Sekunden spektakulär zusammen. Großartig und eine Oreja aus Granit und purem Gold.
Dann folgte Roca Reys zweiter Toro, aus dem er alles herausholte. Immer spektakulär, nie sauber aber mit enormem Wissen und Können. Und das mit 19, ca. 8 Monate nach der Alternativa. Ebenfalls eine spektakuläre Estocada al encuentro y 2 Orejas! Was für ein Torero...
Mein Nachbar klopfte mir immer wieder herzlich auf die Schulter und sagte: "Me algro tanto por usted!". Ich freue mich so für Sie!
Das war mein kleines San Isidro (4 von 30 Corridas) und Si Díos quiera, erwarten mich im Sommer Málaga und Bilbao. Vamos a ver.













Dienstag, 6. Oktober 2015

Feria de Otoño 2015

Nach 2 Jahren war ich wieder bei der Feria de Otoño. Was für eine Feria...!
Ich muß sagen, daß meine Erwartungshaltung eher mittelmäßig war. Ich freue mich immer, in Madrid zu sein - allerdings gab es bislang wenige Höhenflüge. Große Ausnahme: Juan Mora 2010 mit 3 Orejas.
Diesmal ging es mit einer miserablen Novillada von El Torreón los. Der Ganadero, kein Geringerer als César Rincón stand tapfer sein Desaster im Callejón durch. Also ganz schnell vergessen...
Am nächsten Tag dann das Mano a Mano von Diego Urdiales und López Simón: 
Nun, die Erwartungen waren gewaltig und es war wunderbar Las Ventas voll zu sehen mit einem Cartel ohne die 5 üblichen Verdächtigen.  Gran ovación con saludos für beide Matadores nach dem Paseíllo. Urdiales hatte nicht seinen Tag (ich habe ihn noch nie an "seinem Tag" erlebt). Ein sehr guter Aficionado sagte mir, daß für ihn die beste Faena des Jahres, die von Urdiales in Bilbao war. Ich muss sie mir nochmal anschauen.
López Simón ist Feuer und Flamme und war mit seinem ersten Stier sehr solide, ab der Cogida und Cornada überwogen die Emotionen und nach Pinchazo y Estocada gab es ein Ohr. Ich habe es auch verlangt, obwohl mir klar war, daß ein Pinchazo nach einer anständigen Faena das Ohr quasi annulliert. Mich hat es aber einfach mitgerissen, diesen neuen Matador, den "neuen Messias", wie manche schon schreiben (Paco Mora von Aplausos zum Beispiel) zu sehen. Er ging dann in die Enfermería, man konnte ein Loch im Traje unterhalb des Gesäßes erkennen, aber kein Blut. Allerdings ist López Simón diese Saison so oft verletzt worden und auch schwer, daß ein kräftiger Hornstoß ohne Blutung durchaus sehr schmerzhaft sein muß. Er blieb dann während Urdiales zweitem und dritten Stier in der Enfermería.  Man mag mich kleinlich nennen, aber was sich LS dann leistete ist mir sehr unangenehm aufgefallen:
Währen Uridales nach dem Tod des 4. Stiers die Ovation entgegen nahm, kehrte LS aus der Enfermería zurück - und zwar quer durch den Ruedo und nicht, wie es sich gehört durch den Callejón. Dabei hinkte er und verzog sein Gesicht. Ich sage es echt ungern, aber das Wort "theatralisch" stand schon im Raum. Außerdem ist es schon eine Respektlosigkeit, dem Kollegen den Applaus zu nehmen. Komischerweise gab es keinen Protest, sondern eine grandiose Ovation für LS. 
Seine Faena danach war wundervoll, der Stier schwierig und ohne Klasse. Es dauerte eine gute Weile bis LS mit ihm seinen Rhythmus und das Temple gefunden hatte. Was dann folgte, ist für mich einer DER Gründe Las Ventas so sehr zu lieben, wie keine andere Plaza. Ein, zwei mittelmäßige Derachazos, der Dritte perfekt, wie in Zeitlupe und die ganze Plaza donnert "Óóóleee". Und nochmal und nochmal. Aus dem Nichts. Wie der Donnerhall.
Die Muletazos waren sehr langsam und hatten eine ganz eigene Ästhetik, die mir an LS noch nicht aufgefallen war. Irgendwie erinnerten sie mich (ich kann es jetzt erst benennen) an Verónicas von Curro Romero. Ganz eigen, nicht perfekt, nicht technisch, komplett aber wie skizziert und angedeutet, aber mit einer großen Tiefe. Estocada y oreja de Ley. Die Erwartung vor dem 6. Stier war grenzenlos und wie der Stierkampf nun mal so ist: Brindis an einen Rockmusiker? (Muß ich noch nachschauen), Brindis ans Publikum. Beim zweiten Derechazo bricht sich der arme Stier den Vorderhuf. Ich hasse das! Kann nicht hinschauen, starre auf meine Schuhe, bis es vorbei ist: Pinchazo, Descabello. Kurz hoffte ich, daß LS den Sobrero verlangt. Dafür ist er aber dann auch schon Profi genug: Puerta Grande asegurada - warum noch ein Risiko eingehen...?

Der nächste Tag wäre eine der meist erwarteten Corridas der letzten Jahre geworden, wenn...wenn nicht LS ein Attest mit Diagnose 12 cm Hornverletzung vorgelegt hätte. Auch hier wieder: ich habe seinen Auftritt sehr genossen und hoffe, daß er unsere neue Figura wird. Ich sehne mich nach einem neuen Matador, der mir das geben kann, was nur Joselito und José Tomás mir geben konnten.
Aber nach der 3. Puerta Grande die zweite Corrida der Feria abzusagen, hinterlässt bei mir schon einen faden Beigeschmack. Das ist ungerecht, ich weiß... Das ist schon all zusehr seinem Idol JT nachgeeifert. Gleichzeitig kann ich verstehen, daß er kurz davor ist Rincóns Rekord von 4 aufeinanderfolgenden  Puertas Grandes zu brechen und kein unnötiges Risiko eingehen möchte.

Ersetzt wurde er durch Gonzalo Caballero, der so ganz überraschend zu seiner Alternativa kam. Höchsten Respekt dafür: Da klingelt am frühen Morgen das Telefon und der Empresario fragt, Dich ob du nicht in ca. 12 Stunden in Las Ventas Deine Alternativa nehmen möchtest. Puh, das müssen Nerven sein!
Die Corrida war sehr interessant, Eugenio de Mora und Gonzalo Caballero hätten in einer Plaza zweiter Kategorie zusammen 3 Ohren bekommen. Hier gab es ein paar Ovationen. Das ist Madrid.

Der Sonntag, 4.10. war wohl mein bisher perfektester Stierkampftag! Und das bei ca. 250 Corridas, die ich gesehen habe...
Ein regnerischer, grauer Morgen. Schnell in´s Museo de Jamón auf ein Frühstück und ab mit der Metro nach Las Ventas (Sol, Sevilla, Banco de España, Retiro, Príncipe de Vergara, Goya, Manuel Becerra, Ventas). Einritt für die Novillada kostet 6 Euro. Die Sonne kommt raus. Vor dem Paseíllo protestieren ca. 100 Schüler der Stierkampfschule "Marcial Lalanda" dagegen, daß die neue progressive, liberale und weltoffene Regierung der Comunidad, die 60.000€ für sie streicht, was einer Schließung gleichkommt. Mir laufen die Tränen runter, als ich diese Kinder und Jugendlichen mit ihren Transparenten sehe. Willkommen mit Totalitarismus! Mir gefällt Deine Kunst nicht, also mache ich sie kaputt. Lächelnd und tolerant und weltoffen und korrekt...
Passend dazu, die Banner, die das Tendido 7 am Vortag hochhielt: "Antitaurinismo=Totalitarismo". Ich möchte es ergänzen um: Prohibido prohibir, Prohibido odiar.
Diese vermeintlichen Gutmenschen sind so voller Haß und Verachtung gegenüber den Andersdenkenden. Es wird mir übel. Die Nazis werden nicht noch einmal so dumm sein, auffällige Uniformen und Symbole zu tragen. Sie kommen im lässigen veganen Gewand und voller geheuchelter Toleranz dem gegenüber, was sie für würdig erachten. Der Rest kann verrecken. Viele "Antis" verlangen ja sogar die Schließung von Museos Taurinos! Kulturrevolution, löscht es aus dem Gedächtnis, verbrennt die Plakate, verbietet Pasodobles. Steckt Aficionados zur Umerziehung in ein Lager... Als sie das Rauchen verbieten wollten, habe ich nichts gesagt, denn ich war ja kein Raucher. Als sie den Stierkampf verbieten wollten, sagte ich auch nichts, denn ich bin ja kein Anhänger davon. Als sie... usw.

Nach diesem kleinen, bitteren Intermezzo:
Eine wundervolle Novillada. Ich liebe diese Novilladas Matinales! Im Publikum nur Freunde und Familie und richtige Aficionados, die am Sonntag Mittag in der Plaza sitzen. Diesmal mit ca. 1/5 sehr gut besucht. 2 Alumnos der Escuela de Madrid. Und die Maestros keine geringeren als José Luís Bote und...Joselito. Keine 2 Meter von mir entfernt im Callejón, coachte er seine zwei Toreros.
Ein Traum! Der große Triunfador: Carlos Ochoa. Wunderbar mit seinem Ersten, katastrophal mit dem Degen. Mit seinem Zweiten dauerte es auch eine Weile, bis er ihn verstand, doch dann folgten einige phantastischer Serien mit Links und Rechts. 2 Orejas! Pablo Mora bekam 1 Ohr. Ángel Téllez ebenfalls, um das Zeite beraubte ihn der Präsident. Aber was für ein Detail: Das Publikum trug beide, Ochoa und Téllez auf den Schultern hinaus. Wie in den guten alten 50ern...
Schnell in die Metro und zurück nach "Sevilla": im "La Taurina" einen Tisch bekommen. Parrillada de Gambas y Langostinos, Cordero Asado, postre y café. Schnell in´s Hotel kurz frisch machen, umziehen und wieder nach Las Ventas.
Hatte mir erstmals eine Barrera Sol , Tendido 6 gekauft und bin begeistert. Überhaupt ist das 6 vom Preis unschlagbar, man sieht gut und im Herbst macht das bißchen Sonne auch nichts aus.
Es war eh stark bewölkt. Ich nehme Platz, und keine Minute später setzt sich der Matador Marc Serrano aus Nimes neben mich und begrüßt mich. Nachdem ich ihm sage, daß ich bei seiner Alternativa in Nimes im Jahr 2000 (Toros de Celestino Cuadri, Padrino "El Zotoluco", Testigo José Luís Moreno) in der Plaza war, sind wir schon beinahe Freunde... Er sieht blendend aus, ist sehr freundlich, zündet sich eine Cohiba an und widmet sich ausgiebig WhattsApp.
Nun ja, was dann folgte kann ich schwer in Worte fassen. Ok, ich war gut gelaunt nach der tollen Novillada, dem Essen, mit einem Matador neben mir. Irgendwie lief mir diese Corrida dermaßen "rein", wie selten eine. Ich habe jede Sekunde genossen und bewusst genossen.
(Oft habe ich wirklich das Problem, daß ich mich nicht gut konzentrieren kann. Ich schweife während der Corrida oft in Gedanken ab. Das Hinschauen strengt mich an, meine Augen werden schnell müde. Seltsam. Ich denke, es ist diese große Vorfreude, die Aufregung und wenn es dann so weit ist, dann bin ich schon irgenwie erschöpft. Ich werde einen Psychologen konsultieren).
Adolfo Martin Stiere. Rafaelíllo, Fernando Robleño, Paco Ureña.
Die Stiere: mörderisch! Groß und krass...
Rafaelíllo: mit seinen ca. 1,65 einfach gigantisch. Mehr Cojónes kann man nicht haben. Einfach großartig.
Robleño: mit ihm werde ich nicht warm, aber er war wirklich gut, mit den 2 schwächsten Toros.
Paco Ureña: Nachdem er in San Isidro, einen DER Stiere des Jahres nicht verstanden hatte. Ich war in der Arena und wirklich wütend und enttäuscht, wie er einem Stier, der aus ca. 20 Metern angaloppierte und große, lange Wendungen machte, nach der 2. Serie plötzlich aus ca. 1 Meter das Tuch vor die Schnauze hielt. Das war´s, der Stier machte 2 kurze Wendungen und war hinüber und lustlos. Mannmannmann...
Am vergangenen Sonntag kämpfte Ureña wie ein Löwe. Mutig, korrekt und...ja, entspannt. Sein erster Stier sah aus, wie direkt aus einer Goyaradierung entsprungen. Ureña versuchte, ihn Recibiendo zu töten, was ihm leider nicht gelang. Mit dem Zweiten gelang ihm plötzlich eine wundervolle Serie Naturales. Das komplette Tendido 7 applaudierte geschlossen. Die Fundamentalisten standen auf ihren Plätzen. Und in diesem Augenblick der Versöhnung mit dem schwierigsten und anspruchsvollsten Publikum der Welt, kamen Paco die Tränen. Und mir auch.
Das war ein grandioser Moment. Hier wurde klar, daß der Matador vor dem "Siebener" seit Monaten mehr Angst hatte, als vor dem brutalen Stier.
Das "Siete" gibt Standing Ovations, und "El Ronco" (der immer einen grünen Pulli anhat und empört in die Arena brüllt), steigt in die erste Reihe hinunter, um Ureña zu applaudieren. Díos mío...! Die zweite Estocada misslang ihm gewaltig, keine Orejas (und er hätte 1 und 1 verdient).
Aber eine Vuelta que sabe a gloria!
Ich war selten so befriedigt und glücklich nach einer Corrida und verließ die Plaza absolut selig. Was für ein seltener Moment im Leben.
Im Patio del Desolladero traf ich dann noch Anya und Gonzalito.

Que trade de toros inolvidable!













Mittwoch, 2. Oktober 2013

A las Las Ventas...!

Die Maleta ist geschnürt, die Taschentücher gebügelt...
morgen früh um 06.05 geht´s los nach Madrid.
Um 17.30 dann eine Novillada.
 http://www.las-ventas.com/noticia.asp?codigo=5577

Interessante Carteles, ohne Figuras (bis auf Fandiño - der ist auf dem besten Weg)
und das Highlight am Sonntag mit Adolfo Martín Stieren. Bin natürlich auf Castaños Cuadrilla gespannt. Anstatt Ferrera hätte ich lieber Manuel Escribao gesehen, andererseits hat Ferrera gerade die Saison seines Lebens.
Und mal sehen, ob Fandiño endlich die Puerta Grande von Las Ventas öffnet. Höchste Zeit.



Mittwoch, 7. August 2013

Los predilectos...

Ich muß zugeben, daß ich mit meinen "Toreros predilectos" oft Glück hatte.
Es waren einige Namen dabei, die dann später tatsächlich ganz groß geworden sind.
Fange ich einmal ganz bescheiden an: José Tomás.
Ich sah ihn erstmals im Fernsehen, auf dem Sender Antena3 bei einer Novillada nocturna in Barcelona. Ja, so etwas gab es (schätze mal 1993): ein Novilladazyklus, gesponsort von einem Kabelsender und eine "Novillada nocturna" in Barcelona.
Auf dem Cartel: Antonio Canales Rivera (Fran Riveras Cousin), César Manrique und José Tomás Román Martín.
Die Kommentatorenlegende Matías Prats kam mit dem Namen des Novilleros mehrmals durcheinander. "Que bien torea éste Román Martín".

KURZER EXKURS zu NOVILLADAS NOCTURNAS:
Ich liebe diese Veranstaltungen. Meist ist die Arena alles andere als überfüllt. Durch das Flutlicht herrscht eine besondere Atmosphäre. Eintritt ist günstig, ca. 10 Euro pauschal auf allen Plätzen.
Es sollte auch keine Corrida sein, keine Figuras. Eher eine bescheidene Veranstaltung für Nachwuchstoreros und ihre Familien, Freunde und ein paar echte Aficionados (die sich womöglich keine Karte für die wesentlich teureren Corridas leisten können).
Meine erste Corrida (Tourada) war eben eine "Nocturna" in Albufeira. Das Ambiente ist allemal zweit- oder sogar drittklassig, aber eben das macht es aus.
Wunderbare Erinnerungen habe ich an Novilladas in Málaga. 19.00 Corridas mit "Morante", "Juli", Ponce etc. Dann schnell in die "Bar Flor" auf ein paar Bier und Tapas und um 23.00 wieder rein in die "Malagueta" zur Novillada. Um 1.00 nochmal "Flor" und dann heim.
Leider gibt es die seit Jahren nicht mehr bzw. nicht nachts, sondern als Novilladas vor der Feria, normal am Abend.
Ach, da sah ich auch mal eine tolle "Novillada mixta nocturna": Joao Moura hijo als Rejoneador, José María Manzanares hijo und es sollte "El Cordobés" hijo auftreten. Er war leider verletzt und wurde durch einen Malagueno ersetzt, an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnere...


Jedenfalls fiel mir dieser "Román Martín" sofort auf. Wie er sich sachte durch den Ruedo bewegte. De rosa palo y oro. Wie sanft er Capote und Muleta handhabte. Wie ernsthaft und etwas altmodisch er rüberkam. Da war plötzlich ein Banderillero "en apuros" und Tomás rettete ihn durch einen grandiosen Quite "a cuerpo limpio" (das heißt, er sprang hinter dem Burladero ohne Capote hervor zum Stier und lockte ihn nur mit seinem "blanken Körper" vom Banderillero Richtung Medios, bis der Stier abdrehte). "Qué cabeza tiene éste tío!" dachte ich.Und es sah auch noch unglaublich elegant aus!
Seitdem verfolgte ich die Karriere dieses Novillero. Ich war noch Schüler, in der 11. Klasse und konnte also nicht so einfach zu den Toros. Konnte es aber nicht abwarten ihn zu sehen. Er wurde immer bekannter.
Erstmals sah ich ihn dann erst 1997 in Arles. Bereits als Matador, von dem die ganze Welt beginnt zu sprechen. Ein legendäres Cartel mit "Joselito " (el Verdadero!) und Enrique Ponce.
José Tomás machte ein paar irrsinnige Dinge, wie Manoletinas,bei denen ihn der Stier immer mit dem Horn streifte. Dann eine brutale Cogida und paliza. Er steht auf und macht noch 4 weitere Manoletinas. Richtig beeindruckt hatten mich aber die Naturales, seine ganze Körperhaltung. Das war´s! Der Rest ...ist Geschichte.

Bei den "Predilectos" fällt mir auch Manuel Escribano ein - sah ihn erstmals als Novillero in Málaga (nachts!) und dann noch ein paar Mal eben dort. Aus dem wird mal etwas, dachte ich, bis er allmählich verschwand. Ein paar Corridas, en paar mehr in Peru, Ecuador Venezuela. 10 Jahre lang.
Ha! Und dieses Jahr startet er endlich durch. 2 Orejas von einem Miura in Sevilla. Wie habe ich mich gefreut.

"El Cid", ewiger Novillero (ich glaube, bis er 26 war). Jahrelang gemanagt von "Gonzalito". Ein Staubfresser, der in unzähligen Porvinzplazas und Portátiles mit den übelsten Stieren auftrat. In Málaga sah ich dann mit die besten Naturales meines Lebens! Jahre später mehrfach Puerta Grande in Madrid und Príncipe in Sevilla. Mittlerweile kann ich ihn kaum ertragen. Er ist einfach nicht mehr derselbe. Hoffentlich bleibt er mir bei der Feria de Otono dieses Jahr erspart.

Davíd Galán: Sohn von Antonio José Galán, dem alten Spinner. Ein charismatischer, kleiner, gutaussehender Kerl, der ein irres Spektakel machte. Mehrfach in Málaga bei einer "Nocturna" gesehen. Der Arme hatte 2001 eine Novillada in Frankreich und auf der nächtlichen Rückfahrt nach Spanien, hatte das Auto einen Unfall und sein Vater und ein Banderillero kamen um´s Leben.
Wenige Tage danach ein Auftritt nachts in Málaga. Das war schon sehr emotional, der ca. 16 Jährige nach so einem Schicksalsschlag im Ruedo. Er machte mit der Capa einen Quite, den ich noch nie gesehen haben. Keine Ahung, was er heute macht.

 In Nimes gab es einen eleganten Algerier namens "Diamante Negro". Den habe ich immer gerne gesehen. Dort allerdings bei "Novilladas matinales" um 11.00

Ein paar weitere Namen: José Luís Ramos aus Burgos. Eine der besten Estocadas bei einem Victorino Stier in Arles.
Schon ganz lange her: "Manili", 1987 in Las Ventas. Der große Corridaautor Fernando Claramunt, zitiert bei seiner Beschreibung Hemingways Worte zu Domingo Ortega: "Das häßlichste Gesicht, daß Sie außerhalb eines Affenkäfigs finden werden." Nein, häßlich fand ich ihn überhaupt nicht, den Gitano, auch "El Tigre de Cantillana" genannt.
Ein ganz exquisiter Matador: Salvador Vega aus Málaga. Mutig, technisch versiert und sehr ästhetisch. Schade, daß er nach einigen guten Temporadas ziemlich von der Bildfläche verschwunden ist. Letztes Jahr sah ich ihn in der Feria seiner Heimatstadt und er bekam 2 Avisos im ersten Stier und 3 (!) im zweiten. Das tat mir fürchterlich leid. Am 19. August hat er wieder eine Corrida in Málaga. Suerte Maestro!











Montag, 5. August 2013

Osadías abismales

Vor einigen Wochen meldete sich der Bürgermeister der Stadt Burgos, ein gewisser Herr Lacalle, zu Wort:
Die Plaza de Toros "El Plantío" sei laut Experten in einem sehr schlechten Zustand und müsse umgehend abgerissen werden. Ersatz gebe es zwar keinen, aber man hoffe auf einen privaten Investor, der Burgos eine "Plaza multiusos" hinbauen wird.
Ein paar Tage später allerdings, fand in dem "abrissreifen" Gebäude noch die traditionelle Feria mit 3 Corridas statt.
Daß sich in diesen Zeiten kaum ein Investor finden wir, ist vorhersehbar.
Was steckt also hinter den Absichten des Bürgermeisters?
Ich habe Herrn Lacalle ca. 7 höfliche Mails geschickt, und ihn gebeten, mir zu erklären, wie genau er sich das so vorgestellt hat und vor Allem warum?
Natürlich gab es keine Antwort. Ich schicke meine Anfrage aber regelmäßig neu.

In Barcelona wird gerade ein großer Hollywoodfilm mit Javier Bardem und Sean Penn gedreht. Darin soll es auch eine Stierkampfszene geben. Die Produzenten wollten nun also in der stillgelegten Monumental drehen. Die Stadt lehnte aber die Anfrage um Drehgenehmigung ab. Man wolle in keinster Weise mehr mit dem Stierkampf in Verbindung gebracht werden.
Nun fiel den Stadtoberen aber ein, daß sich mit so einer Hollywoodproduktion wohl auch eine Menge Geld verdienen ließe...
Also, Änderung im Programm: ja, man darf drehen. Allerdings statt Stieren mit schwarzen Ochsen und ein Team aus Veterinären muß gewährleisten, daß den Tieren kein Haar gekrümmt wird und sie aureichend Wasser und Futter bekommen.
So viel heuchlerische Dreistigkeit ist nun wirklich kaum zu ertragen!
(Ganz nebenher, gibt es bei jeder Corrida ein ganzes Team an Veterinären, die die vollständige Unversehrtheit der Stiere gewährleisten. Futter und Wasser gibt es mehr als Genug. In Tierschutzkreisen heißt es ja gerne, daß die Stiere ausgehungert und/oder halb verdurstet seien. Oder auch - und halbverdurstet - vor dem Kampf unglaublich viel Wasser bekommen, um träge und lagsam zu sein. Wie´s dem ignoranten Tierschützer halt gerade so passt.
Ich empfehle jedem, Mittags um 12.00 zum Apartado z.B. in Madrid - 1 Euro Eintritt, oder in Málaga - Eintritt frei, zu gehen: dort sieht man die Stiere 7 Stunden vor dem Kampf. Überall Tröge mit Futter und Wasser. Ab und zu trinken die dann mal was. Oder fressen).

Auch dem Bürgermeister von Barcelona habe ich eine Mail geschrieben.
Letztendlich unterstreicht o.g. Dummheit nur meinen Kommentar zur Plaza de Toros Monumental, als Monument für nationalistische Borniertheit, Opportunismus, Heuchelei etc.
"Enhorabuena Catalans!"

NACHTRAG ENRIQUE PONCE:
Ich muß zugeben, daß mein Urteil über Ponce ihm in keinster Weise Gerecht wird!
Ich habe die Biographie weitergelesen, viele Videos auf youtube angeschaut und mich an die vielen Nachmittage erinnert, an denen ich ihn im Ruedo gesehen habe.
Keinen Matador sah ich öfter. Und ja, Ponce ist einer der Größten. Die makellosesten Faenas meiner Aficionadokarriere habe ich von ihm gesehen. Und einige haben micht sehr berührt. Ihm fehlt die Tiefe und Schwere. Es war Rührung vor Perfektion.
Da ich in den letzten Jahren das Glück hatte, JT immer in großen Corridas zu sehen, (und hier war es Rührung vor Tiefe, Schwere und Dramatik) "vergaß" ich ein wenig, wie sich das anfühlt:
Enrique Ponce, der einen riesigen Stier zu 100% dominiert, endlose Derechazos macht, Cambios de mano, enorme Pases de Pecho...
Mich hat im Buch seine..naja..."Selbstgefälligkeit" etwas gestört. Aber was soll jemand auch sagen, der wirklich alles erreicht hat? Teilweise doppelt und dreifach. "Ach, ich war ganz gut. 20 Jahre in Folge."

Meine liebe Freundin Doris schreib mir vor ein paar Wochen eine Sms: Sie habe nach Jahren wieder einen ihrer "Toreros predilectos" in El Puerto de Santa María wiedergesehen: Antonio Caro Gil.

Das brachte mich zum Nachdenken. Diese "heimlichen Leidenschaften", Toreros die man vor langer Zeit mal gesehen hat, aber nie vergessen konnte. Die man vielleicht sogar öfter sah, und sich sicher war "aus dem wird mal was!" Die man auch immer wieder mal sieht, die aber einfach nicht den Durchbruch schaffen - einen selbst aber nie enttäuschen.

Das mit dem "nicht vergessen können" ist natürlcih so eine Sache. Ich musste wirklich in mich gehen und überlegen. Wer sind denn meine "Predilectos"?

Bald folgt hier eine kleine Aufzählung. Dies als kleiner "Cliffhanger" bis zum nächsten Eintrag!








Mittwoch, 31. Juli 2013

Reaparición

Nicht daß es 2013 bislang nichts zu kommentieren gegeben hätte...
Allerdings konnte ich mich heuer nicht so intensiv dem Mundo Taurino widmen, wie sonst.
Hier also recht wahllos einige Themen, die mich beschäftigen:

- "La Crisis", ja es gibt momentan eine große Krise in der Welt der Corrida. Die Wirtschaft liegt darnieder, die Menschen haben andere Nöte und Sorgen, als sich dem Müßiggang und der (kostspieligen) Freizeit zu widmen.
Es gibt sehr wenige Corridas und fast keine Novilladas. Diejenigen Empresarios, die Festejos veranstalten, gehen auf Nummer Sicher und verpflichten die immergleichen Figuras. Dramatisch...und auch langweilig!
Daran wird sich im schlimmsten Falle so schnell nichts ändern. Und wenn ich so in die Taurinolandschaft blicke, sehe ich wenige engagierte Persönlichkeiten.
Ich denke aber auch, daß die momentane Reduktion durchaus auch gesunde Nebeneffekte haben kann.
Um weiter ein Massenspektakel zu bleiben (und JA! "Los Toros" sind nach wie vor das zweitgrößte Ereignis nach König Fußball), muß mit massivem und professionellem Marketing vorgegangen werden. Das kostet natürlich Geld und damit ist es für die alte Riege der Empresarios auch wieder gestorben...
Andererseits könnte die Corrida auch ein weniger publikumsträchtiges Nischendasein führen.
Die spanischen Massenmedien ignorieren sie ja schon lange und dennoch waren die Plazas bis vor kurzem voll und es wurden jährlich Rekorde an veranstalteten Corridas gebrochen.
Daß auch ein über alle Maße hinaureichendes Engagement einer Máxima Figura, wie José Tomás in Barcelona gegen einen übermächtigen Schraubstock aus Nationalismus und Dummheit nicht ausreicht, ist leider bewiesen.
Nun hat Barcelona und dieses "Catalunya" damit zu leben, daß am Paseo de la Marina ein "monumentales" Monument für die wahre "Vergüenza Nacional" (nämlich das Verbot einer Kunstform, mitten in einer autonomen, demokratischen Region Europas) steht: Die Plaza de Toros Monumental.
Ich habe die Hoffnung für BCN, Donostia und Burgos nicht aufgegeben. Und so lange dumpfer Nationalismus wichtiger ist, als Millioneneinnahmen aus Corridas, kann´s ja noch nicht ganz so schlimm sein.

- Kleines Ärgernis am Rande: ein dpa-Artikel vom 5. Juni, in dem sich ein nicht genannter Journalist mal wieder um Kopf und Kragen schreibt. "Totgesagte Corridas leben auf" lautet die sinnfreie Schlagzeile. "Im vergangenen Jahr hatten nach Angaben der Regierung noch 2000 Corridas stattgefunden - rund 12,8 Prozent weniger als 2012..." Aha! Zuschauerzahlen seien rückläufig etc. Aber warum? Bestimmt nicht aus Tierschutzgründen. Da war doch was...? Genau: die Krise. Hat der Journalist irgendwie vergessen. Nach einem Volksbegehren mit über 600 000 Unterschriften, soll die Corrida nun zum "Nationalen Kulturerbe" erklärt werden. Recht so! Vom wem und wann die Corridas "totgesagt" wurden, verschweigt uns der Autor.
(Noch weiter am Rande: "No hay más entradas" ("Es gibt keine Karten mehr"), soll laut Autor am Schalter von Las Ventas gestanden haben. Ich wette eine "Barrera Sombra" in Madrid das das nicht stimmt. "No hay billetes" heißt das, und nicht anders!)

- Habe angefangen die Biographie von Enrique Ponce, von Andrés Amorós zu lesen. Ein Bestseller.
Interessant, sich nach längerer Zeit mal wieder mit Ponce zu beschäftigen. Ich mochte ihn vor vielen Jahren sehr, und irgendwann sogar sehr sehr.
Er war der erste Torero, von dem ich erstmals bewußt "gutes Toreo" gesehen habe: 1995 in La Línea de la Concepción, 2 Orejas y Rabo. Er hat mich in Málaga 2002 und 2003 zu Tränen gerührt.
Ich mochte seine ganze, immergleiche Entourage, die Cuadrílla (damals mit Jean Marie Bourret, einem der besten Banderilleros), Juan Ruíz Palomares, seinen Schwiegervater Victoriano Valencia, den schlitzohrigen Mozo de Espadas Franklin Gutiérrez etc. "Circus Ponce" kommt in die Stadt!
Er war ein perfekter Matador, über 2000 (!) Corridas auf dem Buckel, alles erreicht. Und dennoch kenne ich wenige Aficionados, die mit wahrer Begeisterung, Leidenschaft und Nostalgie über Ponce sprechen. Er hat die höchste Anerkennung, nur fehlte ihm immer jegliche Kante.
Das Buch könnte subjektiver nicht sein. Im Vorwort schon verteilt Amorós Seitenhiebe: Ponce sei mit allen Kollegen aufgetreten, hätte sich nie gegen Fernsehübertragungen gewehrt etc. Spitzen gegen Joselito und José Tomás. Dies allerdings zwei Matadores, die jedem Aficionado die Tränen in die Augen treiben.
Ponce hat viele Faenas mit der Estocada ruiniert. Im Buch zählt er immer wieder auf, wiveiele Ohren un Rabos er hätte in Madrid, Mexico usw. bekommen können. Geschnitten hat er aber mehr als genug und sie alle ehrenhaft verdient!

- Meine bislang einzige Corrida dieses Jahr war am 23.6. in Algeciras. Tolle Plaza, mitten im Feriagelände auf einer Anhöhe mit imposanter Treppe, die hinauf zur Puerta Grande führt.
Wunderbares Cartel mit "Morante de la Puebla", "Manzanares", Alejandro Talavante.
"Morante" bekam in seinem 2. (also 4. Stier der Corrida) eine gigantische Bronca. Die Plaza tobte. Er ließ sich mitten im Ruedo von einem Banderillero den Estoque reichen und ging langsam zur Barrera. Ca. 10 Meter davor blieb er stehen, hielt kurz inne und schaute langsam einmal von links nach rechts in´s Tendido. Nickte kaum merkbar und ging weiter. Beeindruckend. Normalerweise geht ein Matador bei der Bronca gesenkten Hauptes zur Bande. "Morante" stellte sich jedoch dem Volkszorn. Auch dafür braucht man Cojones.
"Manzanares" bekam 2 Ohren, war schön, aber berührte mich kaum. Seltsame Corrida - für mich zumindest. Ich habe fast das Gefühl, also ob mir einzelne Corridas "zu wenig" sind. Kann es schwer erklären... Ich glaube, ich brauche etwas, um mich wieder auf das Ereignis "einzuschwingen".
Deshalb evtl. im Oktober nach Madrid zur Feria de Otono. 5 Corridas in Folge.

- Habe von einem Freund den Link zu einem englischen Stierkampfblog bekommen:
 http://fiskeharrison.wordpress.com/
Sehr interessant, das Buch muß ich mir bald besorgen.
Aber: Es ist schon seltsam, wie Menschen, die über die Toros schreiben, ganz schnell in ein "hemingwayeskes" Schwadronieren verfallen! Auch Herr Fiske Harrison.
2 Jahre hat der Autor (2008 - 2010) in Sevilla verbracht und recherchiert und schon ist er der große Experte. Er war Gast bei den Domecqs, ist deren Sitznachbar in der Barrera der Maestranza, sein "old friend Juan José Padílla", sein "Maestro Eduardo Dávila Miura" (Enkel des Züchters der "Todesstiere") blablabla.
Nebenher verdient Dávila Miura übrigens seit seiner Retirada sein Geld damit, daß er Touristen gegen Bares Stierkampfunterricht gibt. Bezahlt ihn und er wird auch Euer "Maestro" sein.
Bitte nicht falsch verstehen! Der Blog ist toll, und seine philosophischen und gut verständlichen Texte zur Ethik und Kunst sind sehr gut.
Oft gefällt er sich aber in der Rolle des mit allen Wassern gewaschenen Aficionados. Ja, er hat schon mit Stieren gekäpft, hat schon einen getötet, rannte in Pamplona im Encierro mit (im rot-weiß gestreiften Sakko!?) etc. Gerne lässt er sich mit Zigarette oder Degen oder Whiskyflask ablichten.

Was mir wirklich mißfällt ist seine Analyse einer Corrida der Feria de Abril in Sevilla mit "Manzanares" und Talavante im Cartel. "Manzanares" war numerisch überlegen, Talavante hatte schlechte Stiere.
Fiske Harrison stellt beide Matadores (in bester "Death in the Afternoon" - Manier) auf Fotos einander gegenüber, um deren Stil zu vergleichen.
 Es behauptet, Talavante fehle "das gewisse Etwas" - und dies könne man auf dem Bild eines Derechazo in Sevilla erkennen. Gleichzeitig lobt er José Tomás (den er 2008 -2010 nicht oft gesehen haben kann) als den Torero schlechthin. (Bezeichnet aber an mehreren Stellen "my friend Cayetano Ordónez" als den bekanntesten Matador. Immerhin hat der ihn in Sevilla am Flughafen abgeholt und nach Ronda gefahren. That´s what friends are for.)
Neinneinnein! Talavante hat "es" allemal. Der wunderbare "Manzanares" ist hingegen ein Matador, der sehr einstudiert - aber hervorragend - kämpft.
Gerade Talavante ist ein direkter Nachkomme der post-JT Generation. Nicht zuletzt durch seinen Entdecker und Mentor Antonio Corbacho.

So, und hier schließt sich leider der Kreis. Antonio Corbacho ist heute mit nur 62 Jahren einem langen Krebleiden erlegen.
Zuletzt sah ich ihn im Juni 2012 im Patio de Caballos von Las Ventas. Minuten zuvor hatte sein ehemaliger Schützling (dem er die härteste Schule des Toreo verpasst hat) mit 2 Orejas die Puerta Grande auf den Schultern der Menge durchquert.

Que descanse en paz!

PS: Hier ein ganz wunderbarer Nachruf auf  Antonio Corbacho von Anya Bartels-Suermondt
http://www.zabaladelaserna.com/SalidasASP/publicaciones.asp?Seccion=6&subSeccion=7&Numerador=1724&Viene=S