Freitag, 24. Februar 2012

"El Roque de la Algaba" gibt den Anstoß

Ausgerechnet die Youtube-Aufnahme eines Novilleros sin picadores (!) hat mich endlich dazu animiert, nach unfassbaren 4 Monaten einen neuen Post zu veröffentlichen.
Selten war meine Afición dermaßen eingeschlafen, wie diesen Winter. Das hing aber sicherlich auch mit den beiden Corridas in der Monumental zusammen. Das Erlebnis war dermaßen intensiv, daß ich mich monatelang regelrecht "satt" fühlte, bzw. das Erlebte noch verarbeitete.

Nun nähert sich endlich der Frühling und die Reisen zu den Toros sollten allmählich angedacht werden. So kam mir Anfang der Woche der Gedanke, nach 12 Jahren (Oh mein Gott! Tatsächlich 12 Jahre...) mal wieder nach Arles oder Nimes zu fahren. Ich hatte das unglaubliche Glück, auf der Heimreise aus Spanien einen unvergesslich schönen Nachmittag und Abend dort im wundervollen Hotel "Imperator" zu verbringen.
Nun, zu meinem recht großen Erstaunen sind alle Hotels im Zentrum bzw. in der Stadt bereits ausgebucht. Allen Klagen der französischen Empresarios über die Krise zum Trotz.

Sehr schade - aber mal abwarten, vielleicht klappt es noch. Als ich auf der Website der Feria de Paques in Arles herumstöberte, fand ich auf dem cartel der Novillada Matinal sin picadores am Karfreitag einen Namen und ein Foto, welche mich irgendwie in ihren Bann zogen:
"El Roque de la Algaba" - was für ein tolles Apodo! Ich finde ja, es geht nichts über einen tollen Künstlernamen... "Bombita","El Pasmo de Triana", "El Litri" (heißt scheinbar im spanischen, sorry, Zigeunerjargon "der Hahn"), "El Gallo", "Gallito", "Gallito Chico"...geht´s noch kleiner? Ja: "El Yiyo" - von José zu Joselito zu Joselíllo, bis hin zum "Yiyo". Und größer: "El Terremoto de Cádiz" (Das Erdbeben von Cádiz!), "El Murciélago" (die Fledermaus) - ein unglaublicher Tremendista aus den 60ern, der sich (Achtung!) mit den Beinen an der Barrera einhängte und kopfüber hing und dann in dieser unfassbaren Position den Stier zu einem Pase zitierte...oder "El Chihuahua", "El Soldado", "El Tigre de Guanajuato" aus Mexiko,
Und natürlich ist auch "Morante de la Puebla" äußerst klangvoll und majestätisch.
Da ist ein simpler José Tomás absolut langweilig. Ok, er wird in Kritiken auch mal als "El Mago de Galapagar" genannt.

Nun also "El Roque de la Algaba". La Algaba ist ein Kaff übelster Sorte ca. 20 km von Sevilla entfernt. Ich hatte das Glück dort das mittlerweile historische Festival am 22.10.2000 zu besuchen: Curro Romero (Ha! "El Faraón de Camas") mano a mano mit Morante. Der damals noch ganz junge und extrem schlanke Morante erhielt von seinem vorletzten Stier eine kräftige Voltereta. Der 66-jährige Curro dachte sich in dem Moment: Dieser junge Bursche steht sofort wieder auf. Aber wenn mir das passieren sollte, dann ist mein Rückrat gebrochen bzw.liege ich definitiv lange im Krankenhaus. Curro erklärte am selben Abend im Radio seinen Rücktritt.
Die männlichen Einwohner La Algabas waren allesamt sehr füllig, hatten eine Glatze und buschige, zusammengewachsene Augenbrauen. Die Frauen sahen nicht wesentlich anders aus. Im einzigen Cafe neben der seltsamen Plaza gab es zu Frühstück (das Festival begann um 12.00 Mittags) Café con Leche und getoastetes Brot auf dem die Einheimischen beherzt frische Knoblauchzehen verrieben. Mehr Rustikalität geht nicht ! Ich war jedenfalls froh, La Algaba zügig wieder zu verlassen.
Hab dann aber noch am 4. Dezember im tiefsten Nebel und Niesel ein seltsames Festival der Stierkampfjournalisten besucht. Ende März 2001 noch ein ganz tolles Festival allerhöchster Güte: Ortega Cano, "Espartaco", Ponce, Conde, Morante.

In dem kurzen Text zu "Roque" stand, er sei ein unkoventioneller Torero. Na gut, dann mal bei Youtube nachschauen und...ääääh...irgendwie interessant. Definitiv außergewöhnlich.
http://www.youtube.com/watch?v=k9HMhvvyeb0
"El Roque" erinnert mich im Positiven an Javier Conde. Im Negativen an "El Pana" aus Mexico.
Manch einer der Pases de Pecho erinnerte mich gar an Curro. (Enschuldigung an alle Curristas für die Majestätsbeleidigung).
Alles was er macht, und zwar alles, ist komplett ungeschlacht und schief. Er macht ständig einen geradezu dreisten "Paso atrás". Die Naturales sind eine einzige Katastrophe. Er hat keine Colocación. Cite, Pase, Embroque? Nada! Ein Gewedel und Gefuchtel. Doch die Improvisationen bei den Remates sind schon toll. Zum Ende hin gibt es eine improvisierte Molinete, die dermaßen nah am Stier ist...
Seine wirklich alberenen Schritte am Ende jeder Serie bringen das Publikum sogar zum Lachen.
(Ein Hoch auf das phantasische französische Publikum!!!). Es ist kein böses oder gemeines spanisches Lachen. Der Franzose lacht nun mal, weil es einfach lustig aussieht. Applaudiert aber nach der Serie frenetisch.

Ich glaube momentan wäre meine Haupmotivation für Arles, "El Roque" zu sehen. Mal aus der Nähe betrachten, was Scharlatanerie und Angst sind, und was wahre Inspiration.
Ach, wäre das herrlich: Arles morgens um 10.00. Die Sonne scheint, beim Bäcker Pain au Chocolat holen und dann für 10€ in die fast leere Plaza. Barrera und 2 Stunden Toros...

A propos Apodos: Juan José Padílla "El Ciclón de Jeréz" kehrt am 5. März in Olivenza in die Ruedos zurück. Mit auf dem Cartel stehen "Morante" und Manzanares.
Was soll man davon nun halten? Ich habe wirklich keine Ahnung. Ich kann nur so viel sagen, daß es wohl eine der wenigen Corridas ist, zu der ich wahrscheinlich nicht gehen würde.

So, und was längst überfällig war: hier ab Minute 19 der Autor des Blogs für ein paar Sekunden im spanischen Fernsehen:
http://alacarta.canalextremadura.es/tv/videos/ultima-corrida-en-la-monumental-de-barcelona-260911

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