Montag, 25. Juni 2012

Joselito el Verdadero

Vor einem Monat war ich nach 2 Jahren mal wieder im wunderschönen Conil de la Frontera.
Mein Zeitungskiosk, wo ich seit ich ca. 8 Jahre alt bin, die Aplausos (und später Toros92 und 6 Toros 6 gekauft habe) ist nun ein Restaurant. Immerhin ist der Besitzer der selbe und der Name "El Tascón de la Prensa" eine Referenz an die Vergangeheit.
Leider bekommt man in ganz Conil keine Stierkampfzeitschrift. nun gut, dachte ich, immerhin kann ich mir vor dem Abflug in Jerez eine kaufen. Abflug Montag abend: Zeitschriften weg, die Neuen noch nicht da. Pffff!
Jedenfalls habe ich mir ein Conil die Autobiographie von José Miguel Arroyo "Joselito" gekauft.
Ein tolles Buch - in 3 Tagen am Strand gelesen.
Dies ist, soweit ich weiß eine der ganz wenigen echten Autobiographien eines Matadors. Und was für eine Mutige! Ich hatte schon immer gelesen, daß "Joselito" aus sehr schwierigen Verhältinissen kam, fand auch seine Adoption durch seinen Manager Enrique Arranz etwas befremdlich. Rätselte über seine Höhen und besonders die Tiefen.
Nun also eine allumfassende Klärung: Mutter verlässt Vater, Vater hält sich mit krummen Geschäften über Wasser, Gewalt und Drogen. Vater stirbt und José ist waise. Kurz davor ebenfalls auf die schiefe Bahn zu kommen, entdeckt er die Corrida. Wäre es nicht dazu gekommen, wäre er wahrschinlich im Drogensumpf untergegangen oder im Gefängnis gelandet. Ein wunderbar ehrliches Buch in charmantem Stil geschrieben. "Joselito" nimmt kein Blatt vor den Mund.

"Joselito"war der erste Matador, dem ich die Hand geschüttelt habe (eine wahre Pranke!), am 25.9.1996 in Nimes. Strömender Regen ab dem 2 Stier. Cesar Rincón 1 Ohr, Joselito 2 und Ponce 1 und 1.
Im März 1997 in Nimes eine der besten Faenas, die ich je gesehen habe. Mit auf dem Cartel Ponce und José Tomás.

Für mich ist und bleibt "Joselito" der Matador schlechthin und "mein" Matador sowieso.

Und besonders freut micht, daß er in seinem Buch ein für alle mal klärt, was ich schon immer gesagt habe: José Gómez stand auf den Cartels immer als "Gallito" bzw. "Joselito el Gallo".

José Miguel Arroyo jedoch ist "Joselito". Der einzige und der wahre. El Verdadero.

Enhorabuena maestro!
 

Vivir sin torear en Badajoz, Huelva y Nimes no es vivir!

Heute Abend ist es also soweit: JT tritt zusammen mit JJ Padílla und El Juli in Badajoz auf.
In diversen spanischen Tageszeitungen und Stierkampfseiten steht heute, daß ein Auftritt von JT in einer beliebigen Stadt - nun eben Badajoz oder Huelva - ca. 3 Millionen Euro generiert. Hotelübernachtungen, Gastronomie, öffentliche Verkehrsmittel etc.

Nun bin ich ja schon ein "Tomasista", wie bereits mehrfach erwähnt, aber diese Temporada ist mir einfach zu bizarr. Was soll das? 2 Auftritte in vollkommen irrelevanten Plazas und eine Corrida en Solitario in Nimes. Daß JT Soloauftritte nicht unbedingt liegen, sah man bei seinem Debut und bisher einzigem Auftritt alleine, am 5. Juli 2009 in Barcelona.
Damals schrieb ich auf www.tauromaquia.de , daß er wohl keine weitere Corrida en Solitario mehr bestreiten würde, ausser evtl. in Madrid.
Natürlich werde ich versuchen, wenn es möglich ist, nach Nimes zu fahren, ein Hotel zu finden und Eintrittskarten zu kaufen (und kräftig zu den o.g. 3 Millionen beizutragen...).
Werden wir es noch erleben dürfen, daß sich JT ein einziges Mal eine komplette Temporada zumutet? Domingo de Resurrección in Sevilla, 2 mal Madrid, Valencia, Bilbao und vom mir aus gerne El Puerto, Málaga, Badajoz, Ávila etc. Es reichen ja auch hier insgesamt 10-15 Corridas.
Er hat schon alles erreicht, und muß niemandem etwas beweisen. Doch mit solchen "Tourneen" bleibt dann doch der sehr fade Beigeschmack der Geldgier und einer zweifelhaften Berufsehre.
Warum hat ein Jahrhundertmadator, der im Ruedo die größten Risiken eingeht, sich mitten in die Angriffslinie des Stiers plaziert, die schwersten Verletzungen wegsteckt....warum hat dieser matador nicht die Vergüenza (bzw. die Cojones) sich einer anspruchsvollen Temporada zu stellen?
Heute wurde in ABC mal wieder die Parallele zu "Manolete" gezogen: er habe 1946 auch nur eine Corrida in Spanien bestritten. Das ist richtig, allerdings war diese Corrida in Las Ventas und er hat eine extensive Saison in Amerika bestritten!

Ich bin es ein wenig leid, immer nur diese Häppchen geboten zu bekommen. Ich verehre diesen Matador, wie keinen anderen und bewundere seine ablehnende Haltung zu TV Übertragungen, seine unglaubliche Großzügigkeit (ich schätze, daß JT seit seinem Comeback 2007 ca. 700 000 € gespendet hat. Zuletzt 50 000€ für eine Armenküche in Madrid. Wenn ich da nur an irgendwelche millionenschweren Firmenchefs denke, die mit großer Geste vor der örtlichen Presse 1000€ für einen Spielplatz oder ähnliches spenden.) und seine Verschlossenheit gegenüber den Medien. Ich mag die Polemik, die er und Boix heraufbeschwören. Trotzdem ärgert mich mittlerweile dieses ewige Geschacher um seine jeweilige Temporada.
Und nun schreibe ich etwas, was sich wahrscheinlich noch nie jemand zu schreiben gewagt hat: Die 1 1/4 Jahre Rekonvaleszenz nach der Cornada von Aguascalientes kaufe ich ihm auch nicht ab! Es war ohne Zweifel eine furchtbare und lebensgefährliche Cornada. Dennoch halte ich dieses Herauszögern für reine Taktik um die Diskussionen um Sevilla und Madrid (April/Mai/Juni) zu umgehen und erst bequem in Valencia im Juli einsteigen zu können.

Das Risiko, das er momentan mit diesen 3 Corridas eingeht ist, daß es den Leuten allmählich egal wird, wo er sich denn gerade wieder einmal bequemt aufzutreten. 3-5 Corridas in solchen Orten machen ihn zunehmend irrelevanter. Und das hat er bzw. seine Karriere nicht verdient...


Mittwoch, 7. März 2012

Es ist 2012 und wo ist JT?

Bald ist Ostern, der Domingo de Resurrección und damit auch der Beginn der neuen Temporada.
Selten waren die Aussichten so grau und mittelmäßig. Erst der Streit um die Übertragunsrechte, den ich ehrlichgesagt nie vollständig verstanden habe. Folge jedenfalls: kein "Juli" und kein "Morante" etc. in Valencia. Die Cartels von Sevilla nichtssagend. Spanien steckt in einer verheerenden Krise, wer soll die Plazas füllen, wer die Gagen bezahlen?
Von José Tomás war bisher nichts zu hören. Nicht einmal der Domingo de Resurrección, den er bis vor 2 Jahren in Málaga auf dem Cartel stand, war ein Thema. Es heißt von seinem Manger Salvador Boix, hierfür seien Differenzen mit dem Hause Chopera weiterhin der Grund.
Fazit: die ersten wichtigen Ferias des Frühlings stehen und kein Mensch weiß, was JT nun so für dieses Jahr geplant hat. Es läuft, wenn überhaupt, erneut auf eine winzige "Tournee" mit 10 Corridas+/- hinaus.
Was soll das? Die Leistungen JTs in seiner Karriere sind unbestritten - und diejenigen, die sie dennoch bestreiten sind verbitterte Neider. Sein Comeback 2007 war triumphal, die kurze Temporada wurde ihm nachgesehen. Ich werde nie vergessen, wie sich die Puerta de Cuadrillas öffnete und er den Ruedo betrat. Mir liefen die Tränen nur so herunter. 5 Jahre lang hatte ich diesen Moment herbeigesehnt.
Madrid 2008 war historisch. Solitario 2009 in Barcelona und das Indulto von Idílico ebenso. Doch danach und auch schon zwischendrin befanden sich beinahe nur Füller. Die Temporada 2011 war einer Máxima Figura nicht würdig. Es besteht alles nur noch aus Taktik, Gagen und Vermeidung.
Ich bestehe nicht darauf, wie so viele seiner Kritiker, daß er seit 2007 jede Temporada in Valencia, Sevilla, Madrid, Pamplona, Bilbao etc. aufgetreten sein müsste. Allerdings in den 4 Temporadas (2010 entfällt, wegen der Cornada in Aguascalientes) doch schon das eine oder andere Mal.
Allein die Tatsache, daß er seit 2002 bzw. 2007 nicht in Sevilla aufgetreten ist, empfinde ich schon als sehr ärgerlich. Stets heißt es, Canorea, der Empresario sei schuld, weil er nur zu einer unangemessenen Gage bereit gewesen ist. Mag sein, und Canorea ist sicherlich nicht der sympathischste unter den Empresarios. Dennoch sollte eine Einigung in diesen Jahren möglich gewesen sein.
Es gibt für dieses Verhalten meiner Meinung nach nur 2 mögliche Gründe:
Gier oder Angst.
Für JT war seit 2007 Barcelona Dreh- und Angelpunkt seiner Temporadas. Dazwischen noch einige wenige Plazas erster Kategorie. Der Rest in 2. und 3. Kategorie.
Die 2 Auftritte in Madrid 2008 waren das einzige Mal, daß er volles Risiko eingegangen ist. (Und was für eins!). So hätte es zumindest ansatzweise weitergehen sollen. Zumindest noch einmal Sevilla oder Bilbao wären mehr als angebracht gewesen. Wovor hatte er Angst? Sevilla und Bilbao warten sehnsüchtigst und wohlwollend auf ihn! Ging es dann wirklich nur um´s Geld?
Nun hat er sich in eine Situation hinenmanövriert, wo er fast nur verlieren kann: immer kürzere Temporadas in immer irrelevanteren Plazas. Sollte er tatsächlich 2013 eine Temporada in allen wichtigen Plazas und mit 30 Corridas und mehr bestreiten, wird die Erwartungshaltung immer größer und ebenso die Schadenfreude, sollte er nicht konstant überdurchschnittliche Leistungen erbringen.
Er hätte gleich 2008 so weitermachen sollen bzw. spätestens 2009. Selbst bei einigen mittelmäßigen Auftritten wären die oben genannten Triumphe niemals verblasst oder geschmälert worden.
Meine Prognose ist, daß und noch 1-2 Saisons á la 2011 bevorstehen und José Tomás sich danach aus den Ruedos zurückziehen wird.
Was bleibt, sind unzählige historische Nachmittage und der Rest bleibt ein Rätsel:
José Tomás "El Enigma de Galapagar"...

Freitag, 24. Februar 2012

"El Roque de la Algaba" gibt den Anstoß

Ausgerechnet die Youtube-Aufnahme eines Novilleros sin picadores (!) hat mich endlich dazu animiert, nach unfassbaren 4 Monaten einen neuen Post zu veröffentlichen.
Selten war meine Afición dermaßen eingeschlafen, wie diesen Winter. Das hing aber sicherlich auch mit den beiden Corridas in der Monumental zusammen. Das Erlebnis war dermaßen intensiv, daß ich mich monatelang regelrecht "satt" fühlte, bzw. das Erlebte noch verarbeitete.

Nun nähert sich endlich der Frühling und die Reisen zu den Toros sollten allmählich angedacht werden. So kam mir Anfang der Woche der Gedanke, nach 12 Jahren (Oh mein Gott! Tatsächlich 12 Jahre...) mal wieder nach Arles oder Nimes zu fahren. Ich hatte das unglaubliche Glück, auf der Heimreise aus Spanien einen unvergesslich schönen Nachmittag und Abend dort im wundervollen Hotel "Imperator" zu verbringen.
Nun, zu meinem recht großen Erstaunen sind alle Hotels im Zentrum bzw. in der Stadt bereits ausgebucht. Allen Klagen der französischen Empresarios über die Krise zum Trotz.

Sehr schade - aber mal abwarten, vielleicht klappt es noch. Als ich auf der Website der Feria de Paques in Arles herumstöberte, fand ich auf dem cartel der Novillada Matinal sin picadores am Karfreitag einen Namen und ein Foto, welche mich irgendwie in ihren Bann zogen:
"El Roque de la Algaba" - was für ein tolles Apodo! Ich finde ja, es geht nichts über einen tollen Künstlernamen... "Bombita","El Pasmo de Triana", "El Litri" (heißt scheinbar im spanischen, sorry, Zigeunerjargon "der Hahn"), "El Gallo", "Gallito", "Gallito Chico"...geht´s noch kleiner? Ja: "El Yiyo" - von José zu Joselito zu Joselíllo, bis hin zum "Yiyo". Und größer: "El Terremoto de Cádiz" (Das Erdbeben von Cádiz!), "El Murciélago" (die Fledermaus) - ein unglaublicher Tremendista aus den 60ern, der sich (Achtung!) mit den Beinen an der Barrera einhängte und kopfüber hing und dann in dieser unfassbaren Position den Stier zu einem Pase zitierte...oder "El Chihuahua", "El Soldado", "El Tigre de Guanajuato" aus Mexiko,
Und natürlich ist auch "Morante de la Puebla" äußerst klangvoll und majestätisch.
Da ist ein simpler José Tomás absolut langweilig. Ok, er wird in Kritiken auch mal als "El Mago de Galapagar" genannt.

Nun also "El Roque de la Algaba". La Algaba ist ein Kaff übelster Sorte ca. 20 km von Sevilla entfernt. Ich hatte das Glück dort das mittlerweile historische Festival am 22.10.2000 zu besuchen: Curro Romero (Ha! "El Faraón de Camas") mano a mano mit Morante. Der damals noch ganz junge und extrem schlanke Morante erhielt von seinem vorletzten Stier eine kräftige Voltereta. Der 66-jährige Curro dachte sich in dem Moment: Dieser junge Bursche steht sofort wieder auf. Aber wenn mir das passieren sollte, dann ist mein Rückrat gebrochen bzw.liege ich definitiv lange im Krankenhaus. Curro erklärte am selben Abend im Radio seinen Rücktritt.
Die männlichen Einwohner La Algabas waren allesamt sehr füllig, hatten eine Glatze und buschige, zusammengewachsene Augenbrauen. Die Frauen sahen nicht wesentlich anders aus. Im einzigen Cafe neben der seltsamen Plaza gab es zu Frühstück (das Festival begann um 12.00 Mittags) Café con Leche und getoastetes Brot auf dem die Einheimischen beherzt frische Knoblauchzehen verrieben. Mehr Rustikalität geht nicht ! Ich war jedenfalls froh, La Algaba zügig wieder zu verlassen.
Hab dann aber noch am 4. Dezember im tiefsten Nebel und Niesel ein seltsames Festival der Stierkampfjournalisten besucht. Ende März 2001 noch ein ganz tolles Festival allerhöchster Güte: Ortega Cano, "Espartaco", Ponce, Conde, Morante.

In dem kurzen Text zu "Roque" stand, er sei ein unkoventioneller Torero. Na gut, dann mal bei Youtube nachschauen und...ääääh...irgendwie interessant. Definitiv außergewöhnlich.
http://www.youtube.com/watch?v=k9HMhvvyeb0
"El Roque" erinnert mich im Positiven an Javier Conde. Im Negativen an "El Pana" aus Mexico.
Manch einer der Pases de Pecho erinnerte mich gar an Curro. (Enschuldigung an alle Curristas für die Majestätsbeleidigung).
Alles was er macht, und zwar alles, ist komplett ungeschlacht und schief. Er macht ständig einen geradezu dreisten "Paso atrás". Die Naturales sind eine einzige Katastrophe. Er hat keine Colocación. Cite, Pase, Embroque? Nada! Ein Gewedel und Gefuchtel. Doch die Improvisationen bei den Remates sind schon toll. Zum Ende hin gibt es eine improvisierte Molinete, die dermaßen nah am Stier ist...
Seine wirklich alberenen Schritte am Ende jeder Serie bringen das Publikum sogar zum Lachen.
(Ein Hoch auf das phantasische französische Publikum!!!). Es ist kein böses oder gemeines spanisches Lachen. Der Franzose lacht nun mal, weil es einfach lustig aussieht. Applaudiert aber nach der Serie frenetisch.

Ich glaube momentan wäre meine Haupmotivation für Arles, "El Roque" zu sehen. Mal aus der Nähe betrachten, was Scharlatanerie und Angst sind, und was wahre Inspiration.
Ach, wäre das herrlich: Arles morgens um 10.00. Die Sonne scheint, beim Bäcker Pain au Chocolat holen und dann für 10€ in die fast leere Plaza. Barrera und 2 Stunden Toros...

A propos Apodos: Juan José Padílla "El Ciclón de Jeréz" kehrt am 5. März in Olivenza in die Ruedos zurück. Mit auf dem Cartel stehen "Morante" und Manzanares.
Was soll man davon nun halten? Ich habe wirklich keine Ahnung. Ich kann nur so viel sagen, daß es wohl eine der wenigen Corridas ist, zu der ich wahrscheinlich nicht gehen würde.

So, und was längst überfällig war: hier ab Minute 19 der Autor des Blogs für ein paar Sekunden im spanischen Fernsehen:
http://alacarta.canalextremadura.es/tv/videos/ultima-corrida-en-la-monumental-de-barcelona-260911

Montag, 17. Oktober 2011

Die Wahrheit

Die Corridas in Barcelona waren beide unvergesslich. Besonders der Samstag war wohl eine der besten Corridas, die ich je gesehen habe. Was mich sehr gefreut hat, war das durch die phantastischen Faenas stimulierte, eher heitere und überschwängliche Ambiente. Morante, El Juli und Manzanares ließen einen den traurigen Anlass dieser Massenzusammenkunft von Aficionados vergessen.
Die Fakten: am 24. und 25.9. 2011 gingen jeweils 18.500 Aficionados in die Plaza de Toros Monumental, um Corridas de Toros beizuwohnen.
Auf der anderen Straßenseite fanden sich ca. 40-50 "Antis", also Stierkampfgegner. Diese beschimpften die Aficionados mit Rufen wie "Asesinos", "Fascistas" etc. - wie sie das ja schon seit Jahren tun. "Faschisten" finde ich besonders entlarvend, wurden doch gerade im Hitlerdeutschland Kunst und Kultur mit Füßen getreten, verbrannt und verboten. Die wussten auch genau, was "entartet" war und was nicht.
In den (deutschen) Medien wurde es so dargestellt, als hätte es Massenaufläufe von Gegnern und Auschreitungen gegben. 40 versus 18.500!
Die Zeitungen waren wieder voll von Schreibbausteintexten vom Kaliber "Der Torero tötet den schwerverletzten Bullen mit dem Schwert".
Ein besonders schlauer Schreiber spanischer Abstammung bzw. spanischen Namens beginnt einen Absatz mit: "Die Wahrheit ist" und es geht weiter "daß der Stierkampf keinen mehr interessiert, es geht keiner hin". (Der zweite Teil ist kein Zitat, sinngemäß heißt es so ähnlich).
Tja, die "Wahrheit"...damit scheint es nicht besonders weit her zu sein für Herrn Cáceres. Aber ein spanischer Name gibt ja "Credibility", der Mann muß wissen, was es da so schreibt, schließlich ist er womöglich Spanier. Nun weiß Herr Cáceres sicherlich was die "Wahrheit" ist, nur stellt er es seit Jahren so dar, als wären die Plazas de Toros leer und nur ein paar fehlgeleitete Touristen würden sich dorthin verirren. Es wird über die Corrida schon immer in unseren Medien ein derartiger Unsinn geschrieben, daß es mir schon sehr zu denken gibt, wenn ich in der Zeitung die "Wahrheit" über viel brisantere Themen lese!
Ach ja, Herr C. hat sich immerhin den gequirlten Mist gespart, den irgendein Journalist von Speigel Online aus dem Ärmel gewedelt hat:
"Beim traditionellen Auftrieb der Stiere durch den spanischen Ort Pamplona kommen alljährlich Schaulustige ums Leben, die von den rasenden Bullen zu Tode getrampelt werden."
Wow, 4 Fehler in einem Satz! "Alljährlich" (15 Tote seit 1922), "Schaulustige" (sind Menschen, die freiwillig in einer abgesperrten Straße vor Stieren herrennen schaulustig?), Bullen (ohne Kommentar - am Anfang des Satzes hat er´s ja noch hinbekommen), "getrampelt" (die große Mehrheit ist durch einen Hornstoß zu Tode gekommen).
Von jemandem, der solche Sätze schreibt, der einen Stier nicht von einem Bullen unterscheiden kann, möchte ich bitte niemals Artikel zur Bankenkrise, Gentechnik oder Vorratsdatenspeicherung lesen müssen. Aber weiß man´s...?

Seltsam finde ich den Umgang der Medien mit der fürchterlichen Cornada von Juan José Padilla. Die Bilder von Julio Aparicios Cornada im vergangenem Jahr in Madrid gingen um die Welt, schafften es gar hierzulande auf die Titelseite der "B..."Zeitung.
Sie zeigten die Aufnahme, wie das Horn in Aparicios Hals eingedrungen ist, und aus dem Mund wieder austritt. "Una cornada Dantesca" titelte damals das Stierkampfportal Burladero.com
In der Tat, eine infernalische Verletzung. Dieses Bild scheint dem Leser zumutbar gewesen zu sein.
Padillas Cornada wurde hierzulande nur wenig ausgebreitet. Auch die Fotos in den Zeitungen waren aus einem eher "gnädigen" Winkel fotografiert. Ich habe mir das Video in Echtzeit (die Cornada selbst dauert weniger als 1 Sekunde)  etwa 3 mal angeschaut. Die Zeitlupe konnte ich nur einmal ertragen, auch wenn hier der Winkel ebenso milde war, man nur seinen im Sand liegenden Kopf sieht. Allein die Wucht, mit der das Horn in die Schläfe des Toreros eindringt, der minimale Widerstand, den der Kiefer-bzw. Wangenknochen leistet (1/3 Sekunde bevor er komplett zerbricht, vom Horn zerrissen wird), das Auge, daß durch den Druck des Horns aus der Höhle tritt...absolut grauenhaft und traumatisierend.
Interessant aber diese "Philosophie des Zumutbaren" der Medien: das aus dem Mund austretende Horn wurde mit pornographischer Genauigkeit in Fernsehen, Zeitungen und Onlineportalen gezeigt. Alles im Dienste der Information. Gut, die Corrida wurde damals live vom spanischen Pay-TV Sender Canal Plus ausgestrahlt, es handelte sich also um Aufnahmen, die direkt in hunderttausende Wohnzimmer übertragen wurden. Die Corrida aus Zaragoza aber auch.
Wo ist die Grenze des Zumutbaren, wo kann man noch eine voyeuristische Obszönität durchgehen lassen, wo beginnt der reine Ekel? Ist diese Trennlinie die "Moral"? Sicherlich nicht. Dennoch beschäftigt mich dieses Maß der Zumutbarkeit und ich kann es sogar irgendwo nachvollziehen, aber offenbar nicht erklären.
Ebensowenig kann ich erklären, wie sehr mich die Reaktion des Menschen Padilla beschäftigt, der ja so etwas wie einen "Kopfschuss" erlitten hat. Er sprang auf, hielt sich die Hände an den Kopf und lief zur Barrera. So grausam ist das Leben: es ist nicht Hollywood, es ist nicht CNN. Der Schwerverletzte schreit und brüllt und blutet und rennt. Es ist richtig, es in diesem Kontext nicht zu zeigen.
Die Wahrheit ist, daß es falsch und heuchlerisch ist, so etwas aus den Medien zu verbannen, wenn es um Kriege geht.

Samstag, 8. Oktober 2011

Juan José Padilla

Gestern erlitt Juan José Padilla in Zaragoza eine der fürchterlichsten Cornadas in der Geschichte des Stierkampfs.
Die Bilder sind nicht nicht zumutbar, geradezu unerträglich. Ich wünsche diesem sympathischem Haudegen, der mich 2000 in Arles, als ich ihn zum ersten Mal sah absolut begeisterte, die bestmögliche Genesung. Eine vollständige Genesung scheint leider momentan unmöglich.
Padilla war mir stets von all den toreros populistas der mit Abstand Liebste!
Ein rauher Teufelskerl, immer ein forsches Zwinkern, eine ehrliche Haut. Er hat sich seinen Status hart erkämpft. Jahrelang nur Victorinos und Miuras - einige Temporadas lang, empfing er beinahe jeden Stier a porta gayola. Schwere Verletzungen hat er schon viele erlitten, doch am heutigen Tag ist es mehr als fraglich, ob wir den Ciclón de Jeréz jemals wieder im Ruedo sehen werden.

Maestro, que se recupere lo mejor posible!

Donnerstag, 15. September 2011

Morgen geht es los: Urlaub im Baskenland und am 24.9. dann einmal "kurz um die Ecke" nach Barcelona.
In den einschlägigen Foren lese ich immer wieder, wie schwierig es sein an Karten für JT zu kommen, er sei ein Torero der Reichen etc. Blödsinn! Ich habe sein großes Comeback 2007 in Barcelona gesehen, seine 6 Toros en solitario, das Indulto von "Idílico" etc. und habe stets meine Eintrittskarten regulär im Internet erworben. Zum normalen Taquillapreis versteht sich. Man muß dann eben um 11.00 pünktlich auf der richtigen Website sein.
Ich wünschte, spanische Aficionados oder periodistas taurinos könnten meine Vorbereitungen sehen:
Wochen vorher im Büro am Rechner, es ist 10:58, eine Kollegin sitzt ebenfalls in den Startlöchern, um mir zu helfen an die Entradas zu kommen.
Wildes Klicken, Kreditkartennummern eintippen. Geschafft!

Vor der Abreise die Garderobe packen. In einer großen Plaza fühle ich mich nur in Hemd und Jackett (mindestens!) wohl. Es ist kein Snobismus, ich genieße es die anderen herausgeputzten Menschen zu sehen. Es gibt ganz großartige, unfassbar exzentrische Auftritte. Unvergesslich dieses Jahr im Juni vor Las Ventas ein Mann in bordeauxrotem Samtanzug, orange-karriertes Einstecktuch, fast durchsichtige cremefarbene Strümpfe und dazu helle Slipper mit Silberschnalle. Grandios. Eine Freude...
So empfinde ich mein bescheidenes Ensemble als angenehm und man gehört halt doch irgenwie dazu.
Ach ja, die 2 weissen Stofftaschentücher müssen noch gebügelt werden.
Zug, U-Bahn, Taxi zum Flughafen, dann zum Hotel, schnell umziehen, gleich beginnt die Corrida.

Eines der tollsten Erlebnisse hatte ich 2001. Ich war noch Student und war in den Semesterferien bei meinen Eltern. Flugafen Stuttgart ca. 100km entfernt. Ich flog nach Jerez und wurde dort von einem Studentenfreund mit dem Leihwagen nach Sevilla gebracht. Feria de Abril, alles sehr knapp kalkuliert.
Und so zog ich mich im Haus meiner Eltern auf der schwäbischen Alb zur Corrida (Ortega Cano, José Tomás, Morante de la Puebla) an, die in ca. 6 Stunden anfing! Ein phantastisches Gefühl...
Meine große Reisetasche konnte ich bei einer alten Zigeunerin die in der Maestranza einen Süßigkeitenstand hat, unterstellen. Vorab 500 Peseten Trinkgeld, mit dem Versprechen bei Abholung nochmal nachzulegen.
Auch diesmal wird es evtl. knapp. Früh morgens im Baskenland los und 500km nach Barcelona. Ich bin jetzt schon ganz aufgeregt...